Czyslansky liest

Ich liebe Bücher. Und ich lese sie noch immer ausschließlich in gedruckter Form, also tote Bäume. Und ab und an schreibe ich über Gelesenes. Heraus kommen dabei selten klassische Buchbesprechungen, eher schon kleine Erfahrungs- oder besser Erlesungsberichte. Wer sich für den Inhalt der Bücher interessiert, der muss diese schon selbst lesen. Walter Benjamin meinte einmal, echte Polemik nehme sich ein Buch so vor, wie ein Kannibale sich einen Säugling vornehme. Eben mit liebevoller Zuneigung. So nähere ich mich jedem neuen Buch. Lüstern schmatzend. 

Vor einiger Zeit habe ich einmal in hundert aufeinander folgenden Tagen 100 Bücher von 100 Autoren auf Facebook und Instagram vorgestellt. Die dabei entstandenen kleinen Texte habe ich auf Czyslansky zu „Literarischen Quintetten“ zusammengefasst.

Noch ein Tipp: Bücher gibt es in allen guten Buchhandlungen. Und wenn es bei Euch vor Ort keine Buchhandlung mehr gibt, dann kann man fast alle hier besprochenen Werke beim sozialen Buchhandel buch7 online bestellen. Der ist fair und von jeder Bestellung wird  ein kleiner Anteil für einen sozialen Zweck abgeführt. Man muss wirklich nicht bei Jeff kaufen …

Czyslansky liest auf Instagram

Matthias Brandt: Raumpatrouille. Da schreibt einer über meine Kindheit. Ach, das ist ja Matthias Brandt, der Sohn von Willy. Er schreibt über Raumpatrouille, Ricky Shane, Bonanzarad und Percy Stuart. Schon auf den ersten Seiten. Vor Monaten war das meine Lektüre auf einer viel zu kurzen Zugfahrt. Was für ein schönes Kinderbuch. Wir haben den gleichen Vater, Matthias Brandt und ich. Irgendwie. Jetzt BRANDT-neu auf meinem Czyslansky-Blog: 

https://www.czyslansky.net/buchbesprechung-matthias-brandt-raumpatrouille/
Veit Heinichen: Beifang. Ein Krimi in Triest
Ich lese ja nicht viele Krimis. Abgesehen von den schrägen historischen Schmökern von Philipp Kerr und den versoffenen Schnappspralinen von Ken Bruen alias Harry Rowohlt. Aber das sind ja jeweils keine Krimis, sondern Detektivgeschichten. Und zwar solche vom Feinsten. Also bei Bruen ermittelt Jack Taylor quasi im Trenchcoat mit einer Flasche Hochprozentigem in der rechten und einem Sittenroman in der linken Tasche. Und Kerr lässt seinen Bernie Gunter am liebsten durch Nazi-Berlin irren. Nein, klassische Krimis sind das nicht.
Veit Heinichen hingegen ist ein Krimiautor. Seinen Commissario Proteo Laurenti kennt man sogar aus dem Fernsehen. Und das sollte eigentlich abschrecken. Tut es aber nicht. Denn die Bücher sind besser als die ARD-Reihe. Die Romane spielen in Triest. Und ich liebe Triest. Mehr noch als Venedig. Entschieden mehr. Denn Triest hat die besseren Konditoreien.
Und der Commissario kennt diese Konditoreien auch. Und schon das ist ein Grund diese Bücher zu lesen und seine Fälle eingehend zu studieren. Veit Heinichens Romane sind perfekte Reiseverführer für Triest. Wobei er auch einen Reiseführer geschrieben hat. Dieser trägt den schlichten Titel „Triest. Stadt der Winde“. Geschrieben hat er ihn gemeinsam mit Ami Scabar und die ist Köchin. Und so weiß man auch, um was es in diesem Reiseführer vor allen Dingen geht: um die Küche Triests, also um das Wesentliche … neben dem Schifffahrtsmuseum natürlich, in dem ein Raum der Entwicklung der Schiffsschraube durch einen österreichischen Ingenieur gewidmet ist. Eine ganz zauberhafte Geschichte übrigens. Aber ich schweife ab. Ich wollte ja über den neuesten Krimi von Veit Heinichen berichten, den „Beifang“ … Nun gut …
Commissario Laurenti ist ein Genussmensch. Sagte ich das schon? Ach wirklich? Jedenfalls löst er seine Fälle nur selten in seinem Büro. 
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Unterwegs mit Uwe Wittstock in Marseille 1940. Eine Reise und Buchbesprechung

Uwe Wittstock ist ein großartiger Geschichtenerzähler. Und sein Buch über den Massenexodus der deutschen Intelligenz vor dem Hitlerfaschismus über Frankreich und Spanien ist ein großartiger Essay, nein, ist eine spannende Sammlung an Augen- und Ohrenzeugenberichten über die menschlichen Schicksale rund um die Fluchthelferszene im Marseille der Jahre 1940 und 1941.

Im Zentrum steht Varian Fry, ein US-Amerikaner, der als Fluchthelfer anfangs noch im Auftrag amerikanischer Behörden arbeitete und sich zunehmend gegen seine bürokratischen Auftraggeber in Washington stellte und stellen musste. Denn je größer die Fluchtbewegung aus Nazi-Deutschland wurde, desto rigider wurden die Bestimmungen für ihre Aufnahme im den USA, desto unbeliebter machten sich die Fluchthelfer, desto enger wurde die Kooperation zwischen deutschen Nazis und französischen Kollaborateuren, desto gefährlicher die Fluchtrouten.

Oral History
Uwe Wittstock zeichnet das alles wunderbar nach, und zwar nicht aus der Vogelperspektive, sondern aus der Sicht der Betroffenen, der Flüchtenden. Das ist in bester US-Tradition „Oral History“, spannend geschrieben, genau recherchiert. Freilich muss eine solche Vorgehensweise dazu führen, dass der ein oder andere Rezensent, ich nenne stellvertretend für die ausgetrocknete Bande der Hinterstubenspinnwebenzieher feuilletonscout Stephan Reimertz, dem Autor vorwirft, er schreibe über die berühmten Flüchtlinge Thomas und Heinrich Mann, Lion Feuchtwanger, Walter Benjamin, Hannah Arendt oder Lion Feuchtwanger „als wären es die Nachbarn von nebenan“. Ja, das tut „uns Uwe“. Er setzt uns Leser mitten in die Community der Emigranten, es menschelt auf jeder Seite, aber wir verlieren doch deshalb nicht die Achtung vor den Protagonisten.

Uwe Wittstock popularisiert, aber er ist kein Populist. Und das Buch ist kein Abenteuerroman, aber es bezeugt die abenteuerlichen Fluchten und Abgründe, vor denen die Flüchtenden damals standen.
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Aktuelle Beiträge

Literarisches Quintett

Literarisches Quintett XIV: Trunkenes: Hemingway, Kaminer, Numminen, Rowohlt, Seidl L.M.

Literarisches Quintett XIV: Trunkenes: Hemingway, Kaminer, Numminen, Rowohlt, Seidl L.M. Bücher machen süchtig. Das haben sie mit Alkohol gemein. Und es gibt noch mehr Gemeinsamkeiten: Sie sind Fluchttüren in ferne und fremde Welten und wunderbare Mittel zum Eskapismus. Und sie sind reine Erkenntnisquellen und wundersame Vergrößerungsgläser: wer gewillt ist etwas zu sehen, wird garantiert das sehen, was er will und zwar viel größer nach ihrem Genuss, als zuvor. Dass großartige Schriftsteller häufig auch großartige Trinker waren und sind, ist deshalb kein Zufall. Deshalb möchte ich heute fünf Bücher vorstellen, die zumindest trunken machen. Und es sind fünf Bücher, von denen ich mir nicht vorstellen kann, dass sie in nüchternem Zustand verfasst worden sind. Bei einigen weiß man es, bei anderen ahnt man es.  Ernest Hemingway: „Der alte Mann und das Meer““ Bücher über das Meer habe ich hier wahrlich schon viele vorgestellt (Vergleiche: „Bücher, die nach Fisch stinken„). Insofern ist

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bibliothek

Literarisches Quintett XIII: Lieblinge von A bis W: Auster, Hein, Mankell, Schneider, Wondratschek

Literarisches Quintett XIII: Lieblinge von A bis W: Auster, Hein, Mankell, Schneider, Wondratschek „Lieblinge von A wie Auser, Paul bis Wondratschek, Wolf“. Eigentlich könnte diese Ausgabe des Literarischen Quintetts auch „Alte Freunde“ heißen. Schließlich möchte ich heute fünf Autoren vorstellen, die ich schon vor vielen Jahren kennengelernt habe und denen ich über die Jahre die Treue gehalten habe. Und so ganz selbstverstädlich ist das ja nicht, denn als Jugendlicher liest man oft anderes, denn als Herr in den besten Jahren … Freilich, gute Autoren gehen fast immer. Goethes Wahlverwandtschaften habe ich in der Schule gelesen und erst vor wenigen Monaten zum vierten Mal. Und Brecht und Böll haben mich auch mein Leben lang begleitet. Aber eben auch Wondratschek. Und Auster, Hein, Mankell und Manzoni begleiten mich nun auch schon seit vielen Jahren durchs Leben. Sie gehören zu meinem ganz persönlichem Kanon der hundert Autoren, die ich Euch in dieser kleinen

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bücher

Literarisches Quintett XII: Gereimtes von Bachmann, Fried, Hikmet, Neruda und Villon

Literarisches Quintett XII: Gereimtes und Ungereimtes von Bachmann, Fried, Hikmet, Neruda und Villon Man kennt das ja: „1,2,3, Test, Test, Test …“ So tönt es oft aus Bühnenlautsprechern, wenn die Technik vor Veranstaltungsbeginn gestestet wird. Ich habe es mir angewöhnt bei Mikrofontests Gedichte zu rezitieren. Meistens führt dies zu sehr seltsamen Reaktionen. Ich rezitiere nämlich aus dem Gedächtnis. Ja, ich lerne manchmal Gedichte auswendig. Freiwillig. Ohne Zwang. Nicht um mich vor Altersdemenz zu schützen. Nein, einfach aus Spaß. Im Urlaub. Oder wenn ich arg im Stress bin. Einfach zur Entspannung. Für langwierige Soundchecks gibt es einige Favoriten, allen voran das Wintermärchen von Heinrich Heine. Das ist lang genug für so ziemlich jeden Technik-Test. Und nein, ich kann nicht alle Kapitel aus dem Gedächtnis rezitieren, aber bis zu „Ja, Zuckererbsen für jedermann,sobald die Schoten platzen!Den Himmel überlassen wirden Engeln und den Spatzen.“ komme ich immer. Ich liebe eben Poesie, Gereimtes und

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Harry Walter Bilder knistern

Harry Walter: Bilder knistern – Buchvorstellung

Harry Walter liest in den Fotografien fremder Menschen „Nicht der Schrift-, sondern der Photographieunkundige wird, so hat man gesagt, der Analphabet der Zukunft sein.“ So schreibt Walter Benjamin in seiner „Kleinen Geschichte der Photographie“. Fotografien muss man lesen. Man muss verstehen, was sie ausdrücken. Und sie drücken stets mehr aus, als das, was der Auslöser, der Fotografierende beabsichtigte. Sie sind Ausdruck ihrer Zeit, der gesellschaftlichen Umstände und Machtverhältnisse, in der sie entstanden sind. Wer Fotografien liest, der versteht den Zeitgeist, der sich in ihnen verbirgt. Ich liebe es Fotobücher, Fotoalben und Dias anderer Menschen zu betrachten. Und deshalb liebe ich dieses Buch. Denn Harry Walter ist wie ich dem Knistern der Bilder vefallen. Das „Knistern“ ist der Nachhall jener vergangener Epochen, aus den Bildern zu uns sprechen. Freilich muss man Fotografien lesen können. Harry Walter kann lesen. Vom Knistern der Bilder „Fotos werden gemacht, um einen Augenblick für die Nachwelt

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bibliothek

Literarisches Quintett XI: Tief im Süden: Achternbusch – Graf – Haslinger – Weidermann – Widmer

Literarisches Quintett XI: Tief im Süden: Achternbusch – Graf – Haslinger -Weidermann -Widmer 100 Bücher von 100 Autoren in 100 Tagen habe ich vor einiger Zeit auf der Facebook-Seite von Czyslansky, die damals noch Michael Kausch schreibt hieß, vorgestellt. Jeden Tag ein Buch. Die Resonanz war durchaus groß. Wobei meine Leser*innen vor allen Dingen die Bücher kommentierten, die sie eh schon kannten. Und ich habe unter eine ganze reihe bekannter Autoren und Autorinnen immer wieder auch mal eher unbekannte Schreiberlinge geschmuggelt. Überhaupt ging es mir immer um Bücher, die mir etwas bedeuten, die ich gerne gelesen habe. Die 100 Autoren sind mein ganz persönlicher Kanon. Und es handelt sich auch nicht um typische Buchbesprechungen oder -vorstellungen, sondern um mal kleinere, mal etwas ausführlichere persönliche Notizen zu meinen Leseerlebnissen. Aber Facebook ist vergänglich. Vergänglicher jedenfalls als dieses Blog hier. Deshalb habe ich vor einiger Zeit angefangen meine alten Lesenotizen zu sichten

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Michael KauschCzyslansky wurde 2008 von Sebastian von Bomhard, Alexander Broy, Tim Cole, Alexander Holl, Michael Kausch, Hans Pfitzinger, Lutz Prauser, Ossi Urchs und Christoph Witte als gemeinsames Projekt ins Leben gerufen. Seit 2017 führt Michael Kausch das Blog alleine weiter.

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