Sie hören CDs? Oder gar MP3-Dateien? Warum hören Sie nicht mal wieder Musik? Ich meine richtige Musik. Vom Vinyl.
Sie haben doch bestimmt noch irgendwo ihre alten Schallplatten herumliegen: die Sticky Fingers von den Stones, oder das Jeans Cover von Ihre Kinder. Oder wenigstens irgendwas von Miles Davis oder Mozart.
Ach – Sie sind zu jung für sowas? Na, dann kaufen Sie ja eh aktuelle Kult-Scheiben für den Plattendreher. Und Sie kennen das Kult-Blog vinyl fantasy. Und die einschlägigen Versender wie jpc oder funrecords für gute Gebrauchte.
Jedenfalls wird es Zeit, mal wieder ein wenig Vinyl auf den Plattenteller zu werfen.
Sie meinen Schallplatten rauschen und knistern? Ja dann waschen Sie Ihre Schätzchen doch mal. Falls Sie das noch nie gemacht haben und – aus welchem Grund auch immer – nur selten Schallplatten hören, dann genügt ja für’s Erste die Handwaschmaschine von Knosti.
Für Singles brauchen Sie die eh, denn die kleinen 45er Scheiben passen nicht in die beste Schallplattenmaschine, die es derzeit auf dem Markt gibt. [Nachtrag 2022: Inzwischen, der Artikel hier ist ja schon ein wenig älter, stimmt das nicht mehr: man kann jetzt auch Singles mit meiner Lieblingsmaschine waschen!]
Und genau die möchte ich Ihnen heute vorstellen: den VINYL CLEANER von AUDIODESKSYSTEME GLÄSS.
Gut, der Vinyl Cleaner ist nicht ganz billig. 2.300 Euro müssen Sie mindestens anlegen. Dann haben Sie aber eine wirklich einzigartige Schallplattenwaschmaschine. Als einzige mir bekannte Reinigungsmaschine arbeitet sie wirklich als Vollautomat. Bei anderen Lösungen müssen sie meistens eine Reinigungslösung von Hand auftragen, dann den Motor starten, später dann die Absaugeinheit bedienen und fast immer zum guten Schluss die Platte umdrehen und für die B-Seite die ganze Prozedur wiederholen. Das ist wirklich nur was für Fetischisten, denen die Plattenwäsche Spaß macht. Mir macht Musikhören Spaß.
Und da müssen Vinylscheiben einfach sauber sein. Neue Platten müssen per Wäsche von Trennmitteln gereinigt werden und alte und gebrauchte Scheiben vom Unrat vergangener Partys und vom die Welt zerstörendem Hausstaub.
Eine ordentliche Plattenwäsche lässt – in Verbindung mit einem guten Tonabnehmer – fast alle Knackser auf geheimnissvolle Weise verschwinden.
Die Schallplattenwäsche im Detail
Der VINYL CLEANER geht dabei folgendermaßen vor:
Im ersten Schritt wird die LP – nochmal: das Gerät taugt leider nicht für Singles – senkrecht eingestellt. Auf Knopfdruck flutet die Maschine den unteren Teil der Platte in Reinigungsflüssigkeit, die man vorher natürlich anmischen und in den Vorratstank einfüllen muss. Die Flüssigkeit bleibt dann nach der Wäsche im Tank und kann mehrmals wiederverwendet werden. Also spart man sich auch hier die Pantscherei, die bei anderen Maschinen an der Tagesordnung ist.
Dann schmiegen sich vier mikrofaserumfasste Röllchen an die Platte und versetzen sie in eine langsame Drehbewegung. Das wertvolle Label in der Mitte der Scheibe bleibt trocken. Unterstützt wird die mechanische Wäsche übrigens von einem Ultraschallbad. Das kennt man ja von Brillen und funktioniert auch bei Schallplatten hervorragend. Ich habe es jedenfalls noch nicht erlebt, dass der VINYL CLEANER eine Platte nicht gründlich von allem Alterungsdreck hätte reinigen können.
Nach etwa eineinhalb Minuten bimmelt die Maschine wie eine alte Straßenbahn und zeigt an, dass sie jetzt die Trocknungsperiode startet: das Vinyl wird nun geföhnt. Dabei wird die Umdrehungsgeschwindigkeit herabgesetzt. Nach weiteren vier Minuten bimmelt es wieder und man kann die Schallplatte entnehmen. Sie ist sauber, knattert nicht mehr und endlich kann das Musikhören beginnen.
Um einen Eindruck vom Waschvorgang zu gewinnen – oder um ein wenig bei rotierender Scheibe zu meditieren – habe ich einen automatischen Vollwaschgang mal abgefilmt. Es gibt sicherlich spannendere Filme, aber immerhin spiele ich eine ganze Platte ab und zahle keine GEMA-Gebühr:
Gut, ich weiß, Schallplatten machen mehr Arbeit als ein MP3 Player. MP3s setzen keinen Staub an. Aber sie machen auch keine Musik. Musik kommt aus Rillen. Und der VINYL CLEANER putzt sie. Die Rillen und die Musik. Keiner kann das besser als dieser ganz wunderbare Meister Propper des Vinyls.
Es gibt übrigens inzwischen auch für die Abtastnadel des Plattenspielers eine kleine feine „Waschmaschine“: die Flux Hifi Sonic habe ich inzwischen ebenfalls hier auf Czyslansky vorgestellt.
Nachsatz: Test-Berichte auf Czyslansky
Czyslansky testet ab und an emotionale und technische Produkte: gründlich und kritisch, aber nach rein subjektiven Kriterien. Bislang erschienen auf diesem Blog folgende Testberichte vom Autor:
Der Streaming Vollverstärker Advance Playstream A7 im Test – C’est Paris merveilleux
Kaffeemaschine von Kaffee Partner
Radio Tuner von Restek
Fahrrad (Trike) von HP velotechnik
Sony NEX-7 Digitalkamera
Microsoft Surface Tablet PC
Citroen DS 5 Hybrid
Audio-Technica ATH-W1000X Kopfhörer am Reussenzehn Harmonie III
Der Tonarm Mörch DP-8 im Test
Dichtung und Wahrheit – Der RESTEK EPOS+ CD-Spieler im Test
Kauf-Tipp: Mobile Kopfhörer für unterwegs
Sepp aus Glas: Der Manley Neo-Classic SE/PP 300B Röhrenverstärker im Test
11 Antworten
Vermisst Ihr nicht auch dieses schöne Bandrauschen im Hintergrund? Und erst diese herrlichen Knackser und Kieckser? Mann, waren das noch Zeiten! Und heute: Dieser unmenschlich perfekte Digitalsound – wie langweilig…
Die macht Krach. Da bleibe ich bei der ersten Variante – manuell.
Starker Film! ZEN oder die Kunst eine Platte zu reinigen. Im Ernst, die Maschine ist toll, ich komm demnächst mal mit einem Stapel dreckiger Platten, weil 2300 Euro ist eine Ansage!
Herr Kausch,
möglich, daß ein Kommentar nicht erwünscht ist. Oder nur einer von deep end freaks. Oder von Tellerwäschern. Nun habe ich aber eine KünstlerSchreiberling-Referenz in Ihrem Blog gefunden, die mir den Mut zur Äußerung verleiht. Es gibt nicht viele aus Bayern ausgebürgerte, calvinistische Neofranken, die Quelle ist somit klar.
Als reiner Tone-Enthusiast (ich wähle den Anglizismus, da er den Unterschied zwischen Ton, Klang und Ohrenklatsch sehr genau ersichtlich macht) verstehe ich nach wie vor nicht, wie es zu einem Vinyl Hype kommen konnte.
Und wie sich Musikliebhaber so heillos einer völlig antiquierten Technik unterwerfen können, nur damit sie händisch am Musikgeschehen teilnehmen können. Nachdem ich vor langer Zeit meinen Zet 1, die Grado Pickups, die SME 3009er und den Grado Signature final verpackt habe und meine vielfältige Musik über neuzeitliches Equipment höre, habe ich viel mehr Zeit und Muße dazu. Nun stellen Sie den vollautomatischen Tellerwäscher vor. Und schon frage ich mich „ob dat alles nix wohr enn dä letzte paar Johr“ (Wolfgang N., Jraaduss), was uns der weltweite, feinsinnige, technologische Erfindergeist gebracht hat. Sie sehen mich fassungslos. Eine geringe Hoffnung versucht mir zu suggerieren, Ihr Bericht sei Satire und Ironie oder Ausdruck einer Affinität für Knacken, Knistern und Zirpen. Aber das ist wohl ausgeschlossen, nach dem mir durch mehrmaliges Lesen des Artikels die Ambition ersichtlich wurde. Behandeln Sie demnächst -folgerichtig- das Thema der 60er Jahre Wasch- und Spülmittel?
Habe ich Gelegenheit, endlich wieder einmal die palmolivene Clementine zu hören und ihren gestreamten, wundervollen dialektischen SingSang mittels meines Palmer PHDA02 und des Grado GS1000e in mich hineinzuspülen?
Übrigens: für den anscheinend elegischen Zeitvertreib erscheinen mir die einzusetzenden 2.300€ geradezu ein Schnäppchen zu sein, leider bin ich aber ein Miele – Adept.
Mit immer noch erschüttert audiophilen Grüßen aus der Hauptstadt verbleibe ich mit vorzüglicher Hochachtung
Bodo, Hörer
Liebe Bodo Falkenried,
jeder Kommentar ist erwünscht und willkommen. Sowieso. Und ich habe ja gar nichts gegen digitale Musikreproduktion. Bei mir läuft ein Musik-Server gleichberechtigt – aber (ok) weniger geliebt – neben meinem Vinyldreher. Ich kaufe sogar immer häufiger HD-Musikfiles, die in der Tat eine Wiedergabequalität ermöglichen, an die auch ein guter Plattenspieler nicht herankommt.
Auch gab es in meiner Jugend so viele wunderbare Platten, die ich mir einfach nicht leisten konnte. Vieles besaß ich in lausigen Kopien auf Tonbandkassetten, die heute noch lausiger klingen, als damals – wenn sie sich überhaupt noch fehlerfrei abspulen lassen. Vieles davon gibt es heute günstig als gepflegtes Second Hand Vinyl. Einiges gibt es auf CD, davon wiederum vieles in jämmerlicher Qualität. Also kaufe ich gerne und reichlich alte Platten.
Ich habe aber auch aus alter Zeit noch einige Hundert Schallplatten und die wollen in guter Qualität gehört werden. Und dazu gehört auch eine regelmäßige Plattenwäsche.
Im Wesentlichen geht es mir nicht um das Vinyl, sondern um die Musik, die darauf gespeichert ist. Allerdings bleibt es – für mich – ein schöner Nebeneffekt, dass Plattenhören ein willkommener Akt der Entschleunigung ist. Anders als die digitale Musikreproduktion und deren Konsum verleitet die Schallplatte auch zu einer Auseinandersetzung nicht nur mit einzelnen Stücken, sondern mit einem „Werk“. Der weite Weg zum Plattendreher verhindert das ständige „Zapping“.
Kurz: es gibt vieles, was noch immer für die Schallplatte spricht – ohne das Digitale zu verdammen. Die Umständlichkeit des Plattenhörens nehme ich in Kauf und versuche sie mir schön zu reden. 😉
Bodo Meseke hat mich darauf hingewiesen, dass es den Vinyl Cleaner inzwischen auch optional mit einem Adapter für Singles gibt. Dieser kostet im handel knapp 200 Euro Aufpreis. Ältere Maschinen sind leider nicht nachrüstbar. https://www.loftsound.de/glaess-vinyl-cleaner-pro.