Kopfhörer sind in den letzten Jahren zum Modeartikel mutiert. Viele Hörer tragen sie nicht nur um zu hören, sondern auch um gesehen zu werden. Der Knopf im Ohr muss zum neuen Kleid passen. „Orange ist das neue Weiß“. Entsprechend unüberschaubar ist die Auswahl der kleinen Tongeister für unterwegs. Dieser Beitrag soll die Auswahl eines neuen Kopfhörers für die Reise erleichtern. Welche Bauformen gibt es? Welche Vor- und Nachteile haben die verschiedenen Modelle? Wie viel Geld muss man für gutes Hören ausgeben? Gibt es einen „besten Kopfhörer für unterwegs“?

Kopfhörer sind Kopfsache

Die letzte Frage lässt sich am schnellsten beantworten: den einen besten Kopfhörer gibt es nicht! Dazu sind die Anforderungen an einen guten Hörer zu unterschiedlich – und die Kopfformen auch.

Deshalb sollte man einen Kopfhörer auch nicht im Internet kaufen. Man muss ihn vor dem Kauf aufsetzen. Die Passform ist entscheidend. Und jeder Kopf ist anders geformt, es gibt kleine und große Ohren. Und man will das Gerät beim Musik hören ja möglichst vergessen. Allzu oft aber gibt es nicht nur Musik auf die Ohren, sondern auch einen lästigen Druck. Ein guter Hifi-Händler lässt Euch gerne ein paar Modelle probieren. Und wenn er das tut, dann sollte man den Hörer auch bei ihm kaufen. Die paar Euro Aufpreis zu Amazon und Ebay lohnen sich. Für den Händler und für euch.

Der persönlich beste Kopfhörer aber sollte nicht nur gut und leicht sitzen, sondern auch Spaß machen. Und der Spaß hängt sehr davon ab, was, wo und wie Ihr hört. Deshalb will ich im Folgenden ein paar Hör-Typen vorstellen. In meiner kleinen Empfehlungsliste findet Ihr dann eine Zuordnung der verschiedenen Modelle zu den Hör-Typen. So findet Ihr leichter und schneller den für euch besten Kopfhörer.

Der Reise-Hörer: One for the road – one for the home

Ein bester Kopfhörer für unterwegs wird in aller Regel kein bester Kopfhörer für zuhause sein. Ein Kopfhörer für unterwegs muss klein sein oder sich bei Bedarf klein machen. Vor allem aber muss er ordentlich an mobilen Playern – vom Smartphone über mobile Music Player bis zum Notebook – spielen. Solche mobilen Geräte unterscheiden sich in ihrer Verstärkerleistung erheblich von der heimischen Hifi-Anlage. Dabei geht es vor allem um die Impedanz des Hörers. Kopfhörer für den mobilen Einsatz haben zumeist eine Impedanz um die 30 Ohm, Hörer für die heimische Hifi-Anlage eher um die 500 Ohm. Um es nicht unnötig zu komplizieren: Hochohmige Kopfhörer klingen unter optimalen Bedingungen meist besser, an eher schwachen mobilen Musikquellen aber fast immer zu leise und zu wenig dynamisch. Ein guter Reise-Kopfhörer ist fast immer ein niederohmiger Kopfhörer. Nur solche finden sich deshalb auch in meiner Empfehlungsliste. Hochwertige und -ohmige Kopfhörer lassen sich an portablen Klangquellen aber auch mit einem externen zusätzlichen Wandler/Verstärker betreiben. Ein typischer Vertreter dieser Geräteklasse ist zum Beispiel der Herus von Resonessence Labs oder der Teac HA-P5.

Ob der Kopfhörer über Kabel oder Bluetooth angesteuert wird, ist vor allen Dingen unter zwei Gesichtspunkten relevant: Kabellose Bluetooth-Hörer verbrauchen erheblich mehr Energie – und die ist unterwegs wertvoll – und sie eignen sich nicht für hochaufgelöste HD-Musik (siehe unten). Dafür verknoten sich keine Kabel und auch Kabelbrüche sind per Definition ausgeschlossen. Wer auf Kabel zum Hörer nicht verzichten möchte, der sollte auf hochwertige Kabelverbindungen oder vielleicht gleich auf schraubbare Wechselkabel achten. Wenn Kopfhörer kaputtgehen, dann fast immer an den sensiblen Übergangsstellen zwischen Kabel und Hörer oder Kabel und Stecker.

Der Musik-Gourmet: Von MP3 bis High End

Solche Verstärker und Wandler sind auch ideale Ergänzungen für alle, denen die Qualität ihrer Smartphones und Notebooks für die Musikwiedergabe nicht ausreicht. Richtig konfiguriert ersetzen sie den meist recht einfachen DA-Wandler dieser Geräte. Zu Konfiguration und Schnittstellen vergleiche zum Beispiel diesen kleinen Artikel..

Die allermeisten Musikhörer sind mit der Qualität von MP3 durchaus zufrieden. MP3 ist der weltweit verbreitete Kompressionsstandard für Tonquellen. Die Wiedergabequalität hängt stark von der gewählten Kompressionsrate ab. An die Qualität von CDs oder Schallplatten kommt Musik über MP3 aber niemals heran. Klang-Gourmets schwören deshalb auf unkomprimierte Musik im CD-Format (WAV), auf verlustfreie Kompression (v.a. FLAC) oder gar auf hochaufgelöste HD-Formate. Player für Musik im HD-Format, wie den Playern von Astell & Kern sind deutlich teurer, deutlich besser und machen nur bei wirklich hochwertigen mobilen Kopfhörern Sinn. Den Astell & Kern AK Jr habe ich einmal ausführlich auf dem Czyslansky-Blog vorgestellt.

Wer hingegen gerne mit seinem Smartphone Musik hört, der ist auf einen Kopfhörer angewiesen, der nicht noch zusätzlich Energie für externe Kompoenten oder Noise-Cancelling zieht (siehe unten) und der vielleicht über ein eingebautes Mikrofon und eine Lautstärkeregelung am Kabel verfügt. Dann kann das Smartphone in der Jackentasche bleiben.

Spezialisierte MP3-Player haben gegenüber Musik aus dem Smartphone eigentlich nur noch den Vorteil zusätzlichen Daten- und Energiespeichers.

Kopfhörer sind Geldsache

Kopfhörer gibt für es für 5 Euro in der Grabbelkiste, aber auch für deutlich mehr als 1.000 Euro beim Fachhändler. Ein hoher Preis ist dabei nicht immer auch ein Kennzeichen hoher musikalischer Qualität. Eine Rolle spielt natürlich auch das Material – das bei Vollmond rasierte Fell einer tibetanischen Hochgebirgsziege ist nun mal teurer als Plaste und Elaste aus Schkopau – und die Marke. Ich habe im Folgenden einfach mal drei Preiskategorien definiert:

Autist oder Weltbeglücker? Offen oder geschlossen? Oder doch besser halboffen?

Grundsätzlich unterscheiden wir bei den portablen Playern drei Bauarten:
• In-Ear-Kopfhörer: der „Knopf im Ohr“
• Offene On-Ear-Kopfhörer: Bügel über dem Kopf, Ohrmuscheln umschließen die Ohren weitgehend dicht
• Geschlossene On-Ear-Kopfhörer: Bügel über dem Kopf, Ohrmuscheln umschließen die Ohren, sind aber außen offen

Zwischen den beiden letzten Kategorien gibt es noch beliebig viele Mischformen.

Grundsätzlich klingen offene Kopfhörer meistens angenehmer und transparenter. Sie machen weniger Druck auf’s Ohr und erlauben ein unangestrengtes langes Hören. Leider aber lassen sie Außengeräusche durch. So verliert man den Kontakt zur Umgebung nicht völlig. Auch der Sitznachbar bekommt die eigenen Beats mit. Die Welt hört mit. Auch sind offene Kopfhörer in der Regel schwächer im Bass. Offene Hörer sind ideal für Klassik-Hörer in toleranter Umgebung oder in der Einsamkeit Sibiriens.

Geschlossene Kopfhörer schotten den Hörer von seiner Umwelt weitgehend ab – und umgekehrt. Sie sind tendenziell bassstärker und eignen sich auch für Pop und Rock und für Lauthörer in sensiblen Umgebungen, wie Bus und Café. Dabei sind In-Ear-Kopfhörer mit großen Stöpseln tendenziell noch bassstärker als On-Ears. On-Ears hingegen tun sich leichter mit einer räumlichen Darstellung der Musik. Dies gelingt jedenfalls, wenn sie die Lautsprecher nicht mittig in den Ohrmuscheln sitzen, sondern ihren Klang mehr oder weniger diffus (wie bei einigen Ultrasone-Modellen) oder versetzt von vorne (wie bei Audio-Technica) abstrahlen. Musik im Stereo-Dreieck zwischen Lautsprechern und Hörplatz wird ja scheinbar räumlich wahrgenommen, wobei sich die virtuelle Bühne vor allem zwischen und hinter den Lautsprechern erstreckt. Der Kopfhörer zimmert die Bühne im Kopf des Hörers, man spricht deshalb von der In-Kopf-Lokalisation. Diese In-Kopf-Lokalisation ist der große Nachteil des Hörens über Kopfhörer. Offene On-Ear-Kopfhörer, gute geschlossene On-Ear-Kopfhörer und sehr gute In-Ear-Kopfhörer kaschieren dieses Problem mehr oder weniger gut.

Anti-Lärm für Vielflieger: Noise-Cancelling-Kopfhörer

Vor allem der amerikanische Hifi-Spezialist Bose hat das Prinzip der Noise-Cancelling-Kopfhörer bekannt gemacht. Dabei nimmt der Kopfhörer über ein eingebautes Mikrofon Außengeräusche auf und strahlt nach innen ein invertiertes Spiegelbild des Lärms aus. Im Idealfall löschen sich also störende Umgebungsgeräusche und internes Gegensignal gegenseitig aus. Es bleibt die Musik – oder das Hörbuch, oder was immer man eben hören möchte.

Diese Technik ist kompliziert, die Konstruktion solcher Kopfhörer aufwendig. Auch benötigen diese Kopfhörer mehr Energie, weshalb sie in der Regel über zusätzliche Akkus verfügen. Noise-Cancelling-Kopfhörer sind auch tendenziell schwerer, als normale Modelle. Vor allem aber hängt ihre Wirksamkeit einerseits von der Art des Störgeräusches ab – gleichförmiges Brummen von Flugzeugen lässt sich gut absorbieren, Babygeschrei nur sehr schwer – und andererseits vom individuellen Gehör. Sehr feinfühlige Edelohren sind meist mit einem gut abgedichtetem geschlossenem Hörer besser bedient, als mit einem Noise-Cancelling-System.

Von Rock bis Rokoko, vom Jazz zum Hörbuch

Bei mobilen Kopfhörern kommen vor allem zwei unterschiedliche Treiber zum Einsatz: dynamische und Balanced Armature-Treiber (BA-Treiber). Magnetostaten und Elektrostaten spielen kaum eine Rolle. Zur Technik dieser Treiber-Arten sei an dieser Stelle auf die sehr gute Darstellung auf der Web-Site kopfhoererimtest hingewiesen. BA-Treiber sind aufwendiger, kleiner und vor allen Dingen bei mittleren und hohen Tönen dynamischen Treibern in In-Ear-Kopfhörern meistens überlegen. Sie sind aber weniger bassfähig. Teuere In-Ears kombinieren deshalb häufig dynamische und BA-Systeme zu Hybrid-Systemen.

In Verbindung mit offener oder geschlossener Bauweise und einer neutralen oder eher „soundigen“ Abstimmung lassen sich Kopfhörer deshalb für ihre Eignung auf unterschiedliche Musik-Stile definieren:

15 empfehlenswerte Kopfhörer für unterwegs:

Preisklassen:

Kennzeichen:

15 Vorschläge für gutes Hören unterwegs:

 

Kopfhörer Beschreibung
AKG K 551 b / AC / DEF / I / KLMN
Beats Solo 2 b / AC / DE / I / K
Beyerdynamic T 51 I b / A / DEF / I / KLMN
Bose QuietComfort 20i c / AC / EF / G / KLMN
Bose QuietComfort 25 c / AC / DE / IJ / KLMN
Bowers & Wilkins P3 a / A / DE / I / LMN
Focal Spirit One b / A / DE / I / LMN
Grado SR60i b / A / EF / M / LMN
JBL Synchros S300a a / AC / DE / I / KN
Logitech Ultimate Ears UE 11 Pro c / AC / EF / G / KLMN
Philips SHL3265 a / A / DE / I / KMN
Sennheiser Momentum wireless c / ABC / DEF / IJ / KLMN
Sennheiser Momentum In-Ear G a / A / E / G / KLN
Teufel Aureol Real a / AC / E / I / KLMN
UltraSone Pyco b / A / EF / G / KLMN

 

Nachsatz

Czyslansky testet ab und an emotionale und technische Produkte: gründlich und kritisch, aber nach rein subjektiven Kriterien. Bislang erschienen auf diesem Blog folgende Testberichte:

Der Streaming Vollverstärker Advance Playstream A7 im Test – C’est Paris merveilleux
Die schnellsten High-End-Lautsprecher im Bugatti Chiron
Kaffeemaschine von Kaffee Partner
Radio Tuner von Restek
Fahrrad (Trike) von HP velotechnik
Sony NEX-7 Digitalkamera
Microsoft Surface Tablet PC
Citroen DS 5 Hybrid
Der Audio-Technica ATH-W1000X Kopfhörer am Reussenzehn Röhrenkopfhörerverstärker Harmonie III
Der Tonarm Mörch DP-8 im Test
Dichtung und Wahrheit –
Der RESTEK EPOS+ CD-Spieler im Test
Der Phonovorverstärker RESTEK MINIRIA

4 Antworten

  1. Eine wirklich geile Tabelle die du da erstellt hast!

    Jetzt weiß ich genau welche Seite ich meinen Freunden zeige, wenn sie mich nochmal fragen sollten, welche Kopfhörer gut sind 😀

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