Der Sound im Bugatti Chiron kommt aus accuton High-End-Lautsprechern

„Ein Auto braucht mehr Watt als PS.“ Nach diesem Motto habe ich seit meiner Führerscheinprüfung meine Fahrzeuge immer und ausnahmslos ausgesucht. Anfangs war es noch relativ einfach, mein automobiles Leben nach dieser Maxime auszurichten: mein erster Fiat Cinquecento hatte gerade mal 17 PS. Mein zweites Traumauto war eine Baguette-Schaukel von Renault – ein weißer R4 – mit immerhin schon 23 PS. In ihm wurde ein Grundig-Radio von einem Kassettenrekorder angetrieben, den ich in selbstmörderischer Eigenverkabelung an die Autobatterie angeklemmt hatte – mit dem Effekt, dass die Umdrehungszahl der Audio-Kassette immer ein wenig mit der Geschwindigkeit des Fahrzeugs korrelierte. Temps perdu …

Bugatti Chiron exterior
Der schnellste High-End-Lautsprecher der Welt: der Bugatti Chiron (Bild © Bugatti)

Was aber macht man, um Carl Benz Willen, mit meiner alten „Mehr-Watt-als-PS-Regel“ in einem Fahrzeug, dessen Motor nicht weniger als 1.500 PS – in Worten: eintausendfünfhundert – freisetzt?

Die Rede ist vom Bugatti Chiron, der bei 420 km/h (!) abgeregelt wird. Die Limitierung der Geschwindigkeit wurde bei meinem Cinquecento noch durch Gegenwind und Straßenneigung auf natürliche Art gewährleistet. Bei Rückenwind, im Windschatten eines Lastwagens und mit 20 bis 30 Sekunden Anlauf, waren durchaus 100 km/h drin – eine Geschwindigkeit, die der Chiron schon nach 2,5 Sekunden aus dem Stand erreicht.

Bugatti Chiron interior
Abgeregelt wird der schnellste High-End-Lautsprecher der Welt für den Straßenbetrieb bei 420 km/h (Bild © Bugatti)

Ihr seht schon: der Bugatti Chiron wird niemals in meiner Garage stehen, schon weil ich einfach kein passendes Autoradio mit mehr als 1.500 Watt auftreiben kann. Die 2,4 Millionen Euro, die man mindestens für den Wagen investieren muss – ohne Zusatzausstattung versteht sich – kann ich mir … äh … sparen. Irgendwie stimmen auch die Rahmenbedingungen nicht. Denn wie hat der SPIEGEL so schön über den Chiron-Fahrer recherchiert: „Im Mittel besitzt er 63 weitere Autos, außerdem noch diverse Helikopter oder Privatflugzeuge, eine Yacht und fünf Villen.“ Ich habe keinen Heli …

German Audio Competence on German Autobahn

Aber drin gesessen bin ich im Bugatti Chiron; nicht zum Fahren, sondern zum Musik hören.

Bugatti Chiron interior
Schwelgen in Leder und Musik … (Bild © Bugatti)

Und das ist ein wahrlich konzertantes Erlebnis, denn im Chiron steckt die geballte Akustik-Erfahrung einer der renommiertesten Lautsprecher-Manufakturen der Welt. Für den guten Ton im schnellen Bugatti sorgt die in Pulheim bei Köln beheimatete Firma Thiel & Partner, besser bekannt unter dem Markennamen accuton. Und das hat einen einfachen Grund:

Bugatti Chiron EngineBei accuton werden seit vielen Jahren die feinsten Lautsprecher-Chassis für die Hörräume anspruchsvoller Hifi-Enthusiasten gebaut. Und zur Klientel der Edelohren gehöre ich durchaus. Dabei liegen die Stückpreise der accuton-Teilchen bei einigen hundert Euro oder auch schon mal im fünfstelligem Bereich. Zum Einsatz kommen feinste Materialien wie Aluminium, Keramik- oder Diamantmembranen. Kein Wunder, dass Bugatti auf die High-End-Schmiede in Pulheim aufmerksam wurde, als man sich nach adäquaten Akustik-Experten für den teuersten Sportwagen der Welt umsah.

Das fliegende Wohnzimmer – Vom Unterschied zwischen Car-Hifi und normalem High-End

Wer in der Lage ist, erstklassige High-End-Anlagen für das heimische Wohnzimmer zu konstruieren, der muss aber noch lange nichts von Car-Hifi, Car-High-End oder rollenden Konzertsälen verstehen. Die Herausforderungen für den hochwertigen Musikgenuss im Auto unterscheiden sich grundlegend von denjenigen im Hörzimmer. Dirk Vaehsen, der bei accuton für die Entwicklung des Audio-Systems für den Bugatti Chiron verantwortlich war, erklärt das so:

„In modernen PKWs ist die Dichte aller technischen Elemente extrem hoch. Es gibt einfach wenig Platz. Daraus ergibt sich eine spannende technologische Herausforderung für hochwertige Musikwiedergabe. Die verbauten Lautsprecher dürfen ja nicht ortbar sein. Vielmehr soll vor dem Fahrzeug eine imaginäre Bühne entstehen, auf der die Musiker und nicht die Lautsprecher hörbar werden.“

Bugatti Chiron Interieur
Dynamik bis zum Abwinken – aus dem Motorraum und aus den Lautsprechern (Bild © Bugatti)

Lasst es mich mit meinen Worten sagen: mit den schnellsten Lautsprechern der Welt fährt man mit bis zu 420 km/h direkt in die Berliner Philharmoniker hinein. Dirk würde hier natürlich heftig widersprechen. Schließlich fährt die Bühne ja mit. Also gut, formulieren wir es anders: mit den schnellsten High-End-Lautsprechern der Welt passt das komplette Concertgebouw-Orchester auf den Beifahrersitz eines Sportwagens. Nein, ich fürchte, auch dieses Bild hinkt wie die Synkope bei Miles Davis. Lassen wir wieder den Meister sprechen, also Dirk Vaehsen:

„Im heimischen Hörraum baut man die Lautsprecher so auf, dass sie mit dem Hörplatz ein mehr oder weniger exaktes Dreieck bilden. So entsteht eine virtuelle Bühne hinter den Lautsprechern, die zum Teil weit über die Ausmaße des Hörraums hinaus geht. Dieses „einrastende“ Hörbild entsteht aber nur im sogenannten „Sweet Spot“, also am Hörplatz, der je nach Lautsprecher-System größer oder kleiner ausfallen kann. Bewegt sich der Hifi-Freund in seinem Wohnzimmer, bricht das schöne Hör-Panorama zusammen.

Im Auto ist der Hörplatz klar definiert: der Hörer sitzt auf dem Fahrer- oder dem Beifahrersitz. Dadurch lässt sich alles perfekt auf die Sitzposition von Fahrer oder Beifahrer einrichten, und die plastische Abbildung der Interpreten im Fahrzeug erreichen.

Während allerdings unsere Lautsprecherchassis im High-End Home-Hifi-Bereich den State-Of-The-Art in ausgewachsenen Standlautsprecher definieren, steht in modernen PKWs oft nur weniger als 1/10 des Bauvolumens zur Verfügung. Da kann das Volumen für einen Subwoofer auch mal nur 3,5 Liter sein gepaart mit dem Anspruch, bei über 300 km/h adäquate Bässe zu hören. Hier lassen sich keine herkömmlichen Lautsprecher einsetzen, wenn die Performance im PKW ebenfalls State-Of-The-Art Niveau erreichen soll. Unkonventionelle Parameter, Konstruktionen und Werkstoffe werden benötigt, die wir mit vielfältigen Simulationstools und unserer Erfahrung entwickeln. Hinzu kommen wachsende Ansprüche an das Design des Innenraums, woraus wir Technologien für unsichtbare Soundsysteme entwickelt haben.“

Der schnellste feinste Konzertsaal der Welt – die Technik der High-End-Lautsprecher

Derart „unsichtbar“ verbaute accuton neun Lautsprecher: vier Hochtöner, drei Mitteltöner und zwei Tieftöner. Neun Chassis sind nicht viel. Da gibt es Autobastler, die deutlich mehr in einen VW Golf verbauen. Aber die Masse macht es nicht. Jeder der neun im Chiron verbauten Lautsprecher wurde exklusiv für dieses Auto entwickelt, und so ist das gesamte Audio-System perfekt auf die Anforderungen in diesem Fahrzeug abgestimmt.

Hochtöner
High-End-Lautsprecher-Chassis von Accuton im Bugatti – Teil 1 (Bild © Accuton)

Die vier Hochtöner – zwei vorne, zwei hinten – sind wohl die absoluten Highlights in dieser Anlage: ihre Kalotten bestehen aus jeweils 1 Karat großen Diamanten. Sie bilden eine tiefschwarze „Kugelabschnittsfläche“, die das Zentrum der Hochton-Chassis ausmacht. Ihre Farbe erhalten sie durch eine hauchdünne Beschichtung mit Graphit. Die Diamant-Kalotte ist in sich unglaublich hart und deshalb in der Lage, hohe und höchste Töne extrem „schnell“ und verzerrungsfrei wiederzugeben. Die Verzerrungen liegen bei unter 0,05 Prozent. Aufgehängt sind diese geschliffenen Diamanten in reinster Seide, befeuert von Schwingspulen aus Titan, die in einem engtolerierten Neodym-Magnetsystem geführt werden, das mehr als 2 Tesla Feldstärke bereitstellt und einen Schalldruck von 95dB (bei einem Watt) erzeugt.

Mitteltöner
High-End-Lautsprecher-Chassis von Accuton im Bugatti – Teil 2 (Bild © Accuton)

Die Chassis der Mitteltöner wurden hinter teilperforiertes Leder verbaut, um sich betont unauffällig ins Ambiente des Chiron zu integrieren. Zwei Mitteltöner sitzen in den Türen, der dritte hinten zwischen den Sitzen. Dieser dritte Mitteltöner bildet zusammen mit den beiden hinteren Hochtönern ein Rear-System, verbreitert beim Musikgenuss die Bühnendarstellung und – auch das eine spezifische Anforderung mobiler Konzertsäle – verbessert die Sprachverständlichkeit beim Telefonieren und bei Navigationsansagen. Dabei wird die Bühne für die Sprachdurchsagen virtuell leicht nach hinten verlagert und so besser von der Musik gelöst. Hierfür wurde von accuton ein DSP-Schema eigens für den Chiron entwickelt und patentiert.

High-End-Lautsprecher-Chassis Tieftöner
High-End-Lautsprecher-Chassis von Accuton im Bugatti – Teil 3 (Bild © Accuton)

Komplettiert wird dieses Audio-System durch zwei Tieftöner. Sie sind unauffällig mittig hinter den Sitzen verborgen. Da hier nur ein geringer Einbauraum zur Verfügung stand, wurden beide Lautsprecher in einer Compound-Anordnung eingebaut. Damit kompensieren sich die durch die langhubigen (immerhin +/- 12 mm) Membranaufhängungen entstehenden Kräfte weitgehend, und die Innenraumverkleidung des Bugatti wird weniger angeregt. So werden Brumm- und Klappergeräusche vermieden. Bei meinem R4 war das noch anders …

Die hohe Qualität dieses Gesamtsystems ist nun nicht nur Resultat der sicherlich qualitativ hochwertigen Einzel-Chassis, sondern vor allem der geschickten Abstimmung im Gesamtsystem. Diese Integration zum akustischen „Gesamtkunstwerk“ macht auch ein Marterinstrument unnötig, mit dem Hobby-Bastler ihre Frequenzen gerne zurechtverbiegen: einen Equalizer. Im System von accuton werden nur Höhen, Bässe, Mitten und die Balance individuell eingestellt. Chefentwickler Dirk Vaehsen verweist darauf, dass er allein mehr als 100 Stunden im Bugatti Chiron für die finale Abstimmung per Ohr und Auge zugebracht hat. Denn trotz der computergestützten Chassis-Entwicklung in Pulheim sei perfekter Klang nur durch gewissenhaftes Abhören geschulter Ohren möglich. Da hat er wohl recht.

Hörerlebnis – Musik für unterwegs

Das Soundsystem im Bugatti Chiron ist nicht auf eine spezielle Musikrichtung ausgelegt. Tatsächlich klingt Rock so dreckig, wie er aufgenommen, Klassik so mächtig wie sie komponiert und Jazz so feingliedrig und genau, wie er gespielt wurde. Die Auflösung ist frappierend, die Dynamik zwerchfellerschütternd, die Stimmung hochgradig emotionalisierend.

Für mich ist Musikhören überlebenswichtig. Es gibt keine schöneren Momente im Leben, als still im Sessel zu sitzen und bei geschlossenen Augen Musik zu „sehen“. Im Auto empfiehlt sich dies freilich eher nicht. Beim Fahren darf die Musik die Konzentration auf die Straße nicht reduzieren. Aber auch hier spielt die Musik eine wichtige Rolle: sie kann uns beruhigen, wach und konzentriert halten, und sie kann uns den Genuss versüßen, der schon mit dem Betrachten der Landschaft, die man durchfährt und mit dem Geruch des frischen Grases bei offenem Dach oder Fenster beginnt.

Wie heißt es bei BMW so schön: „Dynamik beginnt im Kopf“. Ich will das mal zuspitzen: „Dynamik beginnt im Ohr“. Mehr Fahrspaß durch dynamische Musikwiedergabe. „Vorsprung durch Technik“.  „Das Beste oder nichts“. Nichts als guter Klang!

Die Musiktherapie kennt heute viele Studien, die belegen, dass und wie sich Musik auf den aktuellen Gesundheitszustand des Hörers auswirken kann. Dabei wird die allgemeine Wirkung einer spezifischen Musik überlagert von den Erfahrungen des Rezipienten. Erinnert sich der eine bei Schönberg an seine erste Jugendliebe, erinnert sich der andere an den Horror gemeinsamer Konzertbesuche mit dem strengen Herrn Vater. Während eine Komposition den einen Hörer beruhigt, macht sie einen anderen geradezu aggressiv. Im guten alten Kult-Roman Clockwork Orange wird der Ich-Erzähler Alex beim Hören Beethovens Neunter regelmäßig zu Gewaltexzessen angestachelt. Ihm möchte ich nun wirklich nicht bei entsprechender Musik in einem Chiron auf der Autobahn begegnen…

Wer sich ein wenig intensiver mit den Zusammenhängen zwischen Musik und Psyche beschäftigen möchte, dem sei an dieser Stelle ein wunderbares kleines Buch von Thomas Richter empfohlen: „Warum man im Auto nicht Wagner hören sollte. Musik und Gehirn“.

Musik zum Autofahren
Musik zum Autofahren

Allgemein gültige Musiktipps kann es also nicht geben. Zu bedeutend sind individuelle Erfahrungen und Vorlieben. Ein Journalist hat mir einmal chinesische Musik empfohlen: „un matin sur le fleuve“ (Sony MK 36705) und er verband diesen Hörhinweis mit dem schönen Resumée „Ohne Musik im Auto wäre mein Leben anders verlaufen. Ich hätte mich geweigert, weite Strecken zu fahren.“

Musik zum Autofahren
Musik zum Autofahren

Meine eigenen Vorlieben in Sachen „Musik für unterwegs“ ändern sich immer wieder. Zurzeit umwabern mich häufig die sehr beruhigenden Klangwolken von Orlando & die Unerlösten. In dieser Reihe gibt es gleich drei wunderliche CDs. Von den alten toten Helden empfiehlt sich vielleicht ruhig und hell und klar Tim Buckley.

Musik zum Autofahren
Musik zum Autofahren

Immer häufiger aber läuft in meinem Auto zurzeit afrikanische Musik, zum Beispiel vom ganz großartigen Vusi Mahlasela. Das ist Musik zum Entspannen, zum „Gut-drauf-sein“, zum Mitsingen (wenn der Beifahrersitz leer ist – oder schnell leer werden soll). Auch Blues aus Mali bringt die Stimmung hoch und den Puls runter.

Musik zum Autofahren
Musik zum Autofahren
Musik zum Autofahren
Musik zum Autofahren

Dann gibt es natürlich noch die große „Programmmusik des Verkehrs“, für die Kritiker des automobilen Individualverkehrs zum Beispiel die ÖPNV-Hymne „Take the A-Train“ von Duke Ellington oder gar „Walkin‘“ von Miles Davis.

Musik zum Schreiben
Musik zum Schreiben

Beim Schreiben dieses kleinen Artikels aber erklingklangt – natürlich – Kraftwerk, deren Autobahn ich auf der Autobahn aber niemals höre: ich besitze diesen Klassiker der elektronischen Musik nur auf Vinyl.

Übrigens: einen integrierten Schallplattenspieler hat auch der mehr als zwei Millionen Euro teure Bugatti Chiron nicht. Aber jedes Auto hat wohl irgendwelche Defizite …


Hinweis: Ich bin als freier Berater für accuton und andere High-End-Unternehmen tätig. Als leidenschaftlicher Musik-Hörer aber verfüge ich über ein unbestechliches Gehör 😉

Außerdem können Sie sich von der akustischen Qualität des accuton Systems im Bugatti Chiron selbst überzeugen: Auf der Münchner Highend Messe vom 9. bis zum 12. Mai 2019 im M.O.C.. Sie finden den Bugatti in Halle A 3.1 in der Galerie Accuton. Fahren dürfen Sie dort mit dem Chiron nicht, aber vielleicht lässt man Sie mal reinhören.

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