Josefine Soppa: Klick Klack, der Bergfrau erwacht.

Josefine Soppa: Klick Klack, der Bergfrau erwacht. Ein Plädoyer für das Schreiben gegen die KI

„Wie Eingebungen schreibt KI plausibel klingenden Text, der nicht stimmt. Sie rammt damit die Sprache, die sich faktenbasiert gibt. Sie fordert sie heraus, Wenn sie nach einem Songtext gefragt wird, den sie nicht kennt, schreibt sie diesen einfach selbst. Sie erfindet Buchtitel und Inhalte, um sie als Quellen verzeichnen zu können.“

Josefine Soppa schildert in „Klick Klack, der Bergfrau erwacht“ ihre Erfahrungen mit ihrer Schriftstellerkollegin KI, das heißt mit künstlicher Intelligenz, wie sie in Form von ChatGPT vor ungefähr zwei Jahren daher kam. Und sie lässt sie zu Wort kommen. In einer kurzweiligen Kurzgeschichte, die Leserin und Leser hurtig zwischen dem Krankenbett des Vaters der Schriftstellerin und ihrem Computer hin und her schubst. Das ist anstrengend, aber auch erhellend.

Schreiben gegen die Krankheit

Der Vater leidet an Parkinson. Josefine Soppa muss dabei zusehen, wie er mehr und mehr seine Sprache und mit ihr sich selbst verliert. Da passt es irgendwie, dass die künstliche Intelligenz sich anheischig macht sich selbst via Sprache eine eigene Persönlichkeit anzueignen. So recht gelingen will ihr das freilich nicht.

Wer die Entwicklung der künstlichen Intelligenz in den letzten Monaten, Wochen und Tagen verfolgt hat, muss „Klick Klack, der Bergfrau erwacht“ aber als historischen Roman, nein Verzeihung, als historischen Essay interpretieren. Denn so, wie Soppa uns ChatGPT vorstellt, benimmt sich die KI schon lange nicht mehr. Das entwertet den Text freilich nicht.

Allein schon ihre ebenso subjektivistische wie analytische Aufarbeitung der Krankengeschichte ihres Vaters ist überaus bemerkenswert. Was macht dieses langsame Dahinscheiden eines uns nahen Menschen mit einem selbst? Ich habe ähnliches vor Jahren bei meiner Mutter erlebt, zu der ich zwar keine wirklich enge emotionale Bindung verspürte, deren langsames Dahingleiten in die Demenz und in eine mir völlig fremde Wirklichkeit mich aber ratlos zurück lies. Ein bisweilen lustvoll heiteres Sterben, eine wahnwitzige Negation unserer angelernten Logik. Sie wechselte in Bruchteilen einer Sekunde zwischen Erdteilen und Zeitebenen, ihre Welten waren von eigenartigen Wesen bevölkert, die über Fähigkeiten verfügten, die alle Engel und Superhelden zu Statisten degradierten.

Schreiben gegen Künstliche Intelligenz

Aber Josefine Soppa hat ja schon in ihrem großartigen Erstling „Mirmar“ bewiesen, dass sie eine genau beobachtende sozialkritische Schriftstellerin ist. Und so kann und muss man die Bergfrau auch als Studie über moderne Arbeitsverhältnisse schreibender Menschen lesen: Was ändert sich für Schriftsteller*innen mit dem Eindringen von KI in ihren Arbeitsprozess? Soppa stellt ihr „erschöpftes“ Schreiben gegen das unermüdliche Fabulieren von ChatGPT, ihre um ständige Selbstvergewisserung bemühte Anstrengung gegen die mühelose Dauerproduktion der KI. Bei allem „Lern“eifer der KI – an diesem Widerspruch hat sich nichts geändert.

Josefina Soppa wurde völlig zurecht für diesen Text von der Crespo Foundation mit dem WORTMELDUNGEN-Literaturpreis 2025 ausgezeichnet. Der Text ist, ergänzt um Notizen von Arnold Maxwill, kundiger Literaturwissenschaftler und leidenschaftlicher Autor, im Verbrecher-Verlag erschienen.

Illustrationen © Michael Kausch

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