Silvia Tennenbaum: Rachel, die Frau des Rabbis. Eine Buchempfehlung

Rachel die Frau des Rabbis

Rachel, die Frau des Rabbis. In diesem Roman wird viel erzählt, aber nichts entwickelt. Und das ist gut so. Es ist ein quälend langer Vorstadt-Sabbat, in dem Tennenbaum die Zustände einer jüdischen Gemeinde schildert, ihre Bigotterie, ihre inneren Kämpfe, ihre Nestwärme, und mittendrin die Familie ihres Rabbiners und ihrer Rebbezin.

Klabund: Das Leben lebt. Gedichte.

Klabund: Das Leben lebt.

Klabund, ein – nein – DER legitime Nachfahre von Fränzchen Villon. In diesem Band „Das Leben lebt“ sind einige Gedichte vertreten, in dem man das gut nachfühlen kann. Klabund hat den guten alten Vaganten Villon nachgedichtet wie kein anderer. Er hat gesoffen und geliebt wie er, und er hat die Mächtigen angepisst wie er, jedenfalls nach seiner Wandlung zum entschiedenen Kriegsgegner nach den Gräueln des ersten Weltkriegs. „Das Leben lebt“ versammelt vor allem verzehrende Liebeslyrik, zahlreiche Gedichte, die Klabund seiner großen Liebe Brunhilde Heberle, genannt „Irene“, widmete.

Buchvorstellung: Hilde Stieler: Die Edelkomparsin von Sanary

Hilde Stieler

Komparsen sind „lebende Requisiten, welche die Hintergrundaktion einer Filmszene darstellen“ meint die Wikipedia. Und Hilde Stieler bezeichnete sich als eine solche Komparsin, immerhin als eine „edle“. Was für eine grobe Untertreibung …
Aber wie soll man auch Mut zur Selbstdarstellung gewinnen, wenn man sich sein Leben lang mit Geistesgrößen und Diven wie Thomas und Heinrich Mann, Albert Einstein, Walter Rathenau, Rainer Maria Rilke, Stefan George, Paul Klee, Alma Mahler-Werfel, Franz Werfel, Aldous Huxley, Lion Feuchtwanger und Bert Brecht umgibt?

Halldór Laxness: Sein eigener Herr.

Laxness

„Sein eigener Herr“ ist einer der frühen Romane von Halldór Laxness. Er entstand noch unter dem Eindruck einer Reise in die Sowjetunion, die er 1932 besuchte. Es gibt keine positiven Helden in diesem Roman. Nur auf den ersten Blick erscheint die Welt heil und Bjartur als edler Held. 1955 erhielt Laxness den Literatur-Nobelpreis. Völlig zu Recht. „Sein eigener Herr“ ist ein großartiger Roman über einen dickköpfigen Islander, geschrieben von einem äußerst dickköpfigen Isländer.

Hans Sahl: Das Exil im Exil

Hans Sahl kannte Bert Brecht, Ernst Toller, Lion Feuchtwanger, Egon Erwin Kisch, Oskar Maria Graf, schrieb für die Pfeffermühle von Katja Mann und gehörte in den zwanziger Jahren zu den einflussreichsten Kulturkritikern Deutschlands. Als Jude und Antifaschist musste er 1933 Deutschland verlassen. „Das Exil im Exil“ ist ein Beitrag zur Geschichte der Exil-Literatur. Das Buch ist wunderbar als Ergänzung zu Lion Feuchtwangers „Der Teufel in Frankreich“ und zu Varian Freys Auslieferung auf Verlangen“ zu lesen.

Buchtipp: Lion Feuchtwanger: Der Teufel in Frankreich

Lion Feuchtwanger Der Teufel in Frankreich

Heute gibt es nur eine kurze Buchvorstellung und das hat einen einfachen Grund: „Der Teufel in Frankreich“ von Lion Feuchtwanger ist ein autobiografisches Buch Feuchtwangers über seine Erlebnisse im französischen Exil auf der Flucht vor den Nazi im Jahr 1940. Die meiste Zeit verbrachte er im Großraum Marseille, in Sanary-sur-mer, aber auch im Lager von Les Milles bei Aix-en-Provence.

Buchtipp: Tommie Goerz: Im Schnee. Am Anfang war der Tod. Am Ende auch.

Tommie Goerz Im Schnee

Am Anfang ist der Tod. Am Ende auch. Dazwischen ein großer Roman und ein kleines Stück Leben. 173 Seiten hat dieses Buch von Tommie Goerz. Man kann es also gut bei einer Flasche Rotwein lesen. Rotwein sollte es schon sein. Und schwer sollte er sein. Und draußen sollte es vielleicht ein bisschen kalt sein. Das ist eher kein Sommerbuch. Es heißt ja auch „Im Schnee“.

Bill Gates: Source Code. Die Autobiographie meines autistischen Tennispartners

Bill Gates Source Code

Was für eine Headline, was für ein Buch. Und was für ein Mensch … „Nicht allzu fesselnd“ beurteilt Andrian Kreye in der Süddeutschen Zeitung diesen ersten Band der auf drei Bände angelegten Autobiographie von Bill Gates. „Langatmig“ findet Claas Christophersen vom NDR den Lebensbericht meines alten Chefs: „… an einigen Stellen durchaus gelungen. Mit der Hälfte der Seiten, die das Buch jetzt hat, wäre es aber wahrscheinlich etwas spannender geworden.“ Unfug. Ich habe jede Seite genossen.

Erich Fried: Angst und Trost.

Erich Fried Angst und Trost

Gestern ist mir ein Buch von Erich Fried zufällig in die Hände gerutscht: „Angst und Trost. Erzählungen und Gedichte über Juden und Nazis.“ Dieses schmale Bändchen mit Grafiken von David Fried, einem anderen Sohn von Erich Fried, hatte sich offenbar heimlich auf Wanderschaft begeben und die ihm angedachte Region der Werke unter dem Registerbuchstaben „F“ wie Fried in meinem Regal eines Nachts heimlich verlassen. Das machen leider in meinem literarischen Chaos viele Bücher, dass sie auf Wanderschaft gehen, irgendwohin verschwinden, sich mit anderen Werken zusammentun, nur um dann irgendwann – wenn sie Lust haben, aber auch nur dann – überraschend aus irgendeiner verstaubten Ecke sich nach vorne zu schieben und mir vor die Füße zu fallen. Da war er also, der kleine Band „Angst und Trost“ von Erich Fried. Sogar eine vom Autor signierte Erstausgabe.