Buchbesprechung: Hark Bohm: Amrum

Hark Bohm hat einen Erinnerungsroman geschrieben, ein Buch über Amrum, wie die Insel in der Erinnerung von Hark Bohm fortlebt. Der Schriftsteller, Regisseur, Filmemacher und Schauspieler Hark Bohm, Jahrgang 1939, hat seine Kindheit auf der Insel verbracht. Er kennt also das Amrum der Nachkriegsjahre, jener Zeit, in der es Armut gab, Hoffnung und Hoffnungslosigkeit, jede Mange Nazis, alte, unverbesserliche, geläuterte, irritierte, gewendete und solche, die niemals Nazis waren oder gewesen sein wollen.
John Steinbeck und Robert Capa: Russische Reise

Ölsardinen hat er eher nicht gefunden in der Sowjetunion, als John Steinbeck diese im Jahr 1948 im Auftrag der „New York Herald Tribune“ gemeinsam mit dem Kriegsfotografen Robert Capa bereiste. Aber von Konserven mussten sie sich schon ernähren. Das Land war ausgehungert vom Krieg und von der Zerstörungswut der Deutschen Wehrmacht. Steinbeck und Capa hatten sich vorgenommen den Alltag der Menschen in dem völlig zerstörten und ausgezehrten Land zu schildern. Sie wollten unvoreingenommen das Leben hinter der stalinistischen Propaganda abbilden, in Fotografien und Reisereportagen.
Josefine Soppa: Klick Klack, der Bergfrau erwacht. Ein Plädoyer für das Schreiben gegen die KI

Josefine Soppa schildert in „Klick Klack, der Bergfrau erwacht“ ihre Erfahrungen mit ihrer Schriftstellerkollegin KI, das heißt mit künstlicher Intelligenz, wie sie in Form von ChatGPT vor ungefähr zwei Jahren daher kam. Und sie lässt sie zu Wort kommen. In einer kurzweiligen Kurzgeschichte, die Leserin und Leser hurtig zwischen dem Krankenbett des Vaters der Schriftstellerin und ihrem Computer hin und her schubst. Das ist anstrengend, aber auch erhellend.
Rachel Kushner. Nicht Fisch, nicht Fleisch im „See der Schöpfung“. Eine Buchkritik

Rachel Kushers See der Schöpfung hat mich schwer enttäuscht. Der Roman ist nicht Fisch, nicht Fleisch. Für einen Agententhriller nicht spannend genug, für einen philosophisch inspirierenden Roman nicht tiefgründig genug, für einen Roman einer der renommiertesten Autorinnen der USA einfach zu schlecht geschrieben. Auch wenn der Plot in Frankreich angesiedelt ist – oder vielleicht deshalb – comme c’est ennuyeux.
Silvia Tennenbaum: Rachel, die Frau des Rabbis. Eine Buchempfehlung

Rachel, die Frau des Rabbis. In diesem Roman wird viel erzählt, aber nichts entwickelt. Und das ist gut so. Es ist ein quälend langer Vorstadt-Sabbat, in dem Tennenbaum die Zustände einer jüdischen Gemeinde schildert, ihre Bigotterie, ihre inneren Kämpfe, ihre Nestwärme, und mittendrin die Familie ihres Rabbiners und ihrer Rebbezin.
Klabund: Das Leben lebt. Gedichte.

Klabund, ein – nein – DER legitime Nachfahre von Fränzchen Villon. In diesem Band „Das Leben lebt“ sind einige Gedichte vertreten, in dem man das gut nachfühlen kann. Klabund hat den guten alten Vaganten Villon nachgedichtet wie kein anderer. Er hat gesoffen und geliebt wie er, und er hat die Mächtigen angepisst wie er, jedenfalls nach seiner Wandlung zum entschiedenen Kriegsgegner nach den Gräueln des ersten Weltkriegs. „Das Leben lebt“ versammelt vor allem verzehrende Liebeslyrik, zahlreiche Gedichte, die Klabund seiner großen Liebe Brunhilde Heberle, genannt „Irene“, widmete.
Buchvorstellung: Hilde Stieler: Die Edelkomparsin von Sanary

Komparsen sind „lebende Requisiten, welche die Hintergrundaktion einer Filmszene darstellen“ meint die Wikipedia. Und Hilde Stieler bezeichnete sich als eine solche Komparsin, immerhin als eine „edle“. Was für eine grobe Untertreibung …
Aber wie soll man auch Mut zur Selbstdarstellung gewinnen, wenn man sich sein Leben lang mit Geistesgrößen und Diven wie Thomas und Heinrich Mann, Albert Einstein, Walter Rathenau, Rainer Maria Rilke, Stefan George, Paul Klee, Alma Mahler-Werfel, Franz Werfel, Aldous Huxley, Lion Feuchtwanger und Bert Brecht umgibt?
Halldór Laxness: Sein eigener Herr.

„Sein eigener Herr“ ist einer der frühen Romane von Halldór Laxness. Er entstand noch unter dem Eindruck einer Reise in die Sowjetunion, die er 1932 besuchte. Es gibt keine positiven Helden in diesem Roman. Nur auf den ersten Blick erscheint die Welt heil und Bjartur als edler Held. 1955 erhielt Laxness den Literatur-Nobelpreis. Völlig zu Recht. „Sein eigener Herr“ ist ein großartiger Roman über einen dickköpfigen Islander, geschrieben von einem äußerst dickköpfigen Isländer.
Irène Alenfeld: Der Kipod. Geschichten von Damals. Eine Buchempfehlung.

Irène Alenfeld: Der Kipod. Geschichten von Damals. 19 große kleine Geschichten über Ruth und das Jüdische als Teil des Deutschen, die jüdische Kultur als Teil der deutschen Kultur. Beides ist untrennbar miteinander verbunden.
Hans Sahl: Das Exil im Exil

Hans Sahl kannte Bert Brecht, Ernst Toller, Lion Feuchtwanger, Egon Erwin Kisch, Oskar Maria Graf, schrieb für die Pfeffermühle von Katja Mann und gehörte in den zwanziger Jahren zu den einflussreichsten Kulturkritikern Deutschlands. Als Jude und Antifaschist musste er 1933 Deutschland verlassen. „Das Exil im Exil“ ist ein Beitrag zur Geschichte der Exil-Literatur. Das Buch ist wunderbar als Ergänzung zu Lion Feuchtwangers „Der Teufel in Frankreich“ und zu Varian Freys Auslieferung auf Verlangen“ zu lesen.