Ich nicht, vor allem, wenn die Verdummung so deutlich praktiziert wird – ich fühle mich unter meinem Niveau verarscht. Der folgende Text hat das Datum vom 13. März 2009 – zwischen Beginn der Kampagne von Roche, dem Hersteller von Tamiflu (25. April), und Vollzug durch die Bundesregierung liegen nicht mal drei Wochen:

Mangelndes Vertrauen in Vorräte der Länder
Bund kauft eigene Grippemittel

Angesichts der Gefahr einer Grippe-Pandemie befürchtet die Bundesregierung, dass die Vorräte der Länder an antiviralen Mitteln nicht ausreichen könnten. Sie will daher eine eigene Bundesreserve anlegen, wie aus einer Vorlage an den Bundestags-Haushaltsausschuss hervorgeht. In dem Papier beantragt das Gesundheitsministerium eine außerplanmäßige Ausgabe von bis zu 90 Millionen, um Medikamente wie Tamiflu und Relenza anzuschaffen.

Die Mehrausgaben seien „sachlich unabweisbar“*), heißt es in der Vorlage. Zwar gebe es bei den Ländern eine umfangreiche Medikamentenbevorratung. „Die aktuelle Pandemiegefahr führt jedoch zu der Einschätzung, dass eine ergänzende Bundesreserve dringend erforderlich ist.“ Ein Regierungsvertreter sagte, die Bundesreserve solle für den Fall angelegt werden, dass die Vorräte der Länder nicht ausreichten.

Keine Zeit für Nachtragshaushalt

Aufgrund der aktuellen Gefährdungslage und knapper werdender Medikamente müsse die Belieferung der Bundesreserve innerhalb der nächsten Tage mit den Herstellern vertraglich abgesichert werden. Die Verabschiedung eines zweiten Nachtragshaushalts für 2009 könne nicht abgewartet werden.
(Quelle: tagesschau.de. Der ganze Text steht hier:
www.tagesschau.de/inland/grippemittel100.html)

*)“Sachlich unabweisbar“: Tina = there is no alternative. Damit kann man Roche mit einem 90-Millionenauftrag unter die Arme greifen, der durch keinerlei parlamentarische Kontrolle verhindert werden kann oder abgesegnet werden muss. Im Spiegel (20/2009) stand ein Interview mit Bernd Mühlbauer, Direktor des Instituts für Pharmakologie Bremen-Mitte. Über die Wirkung von Tamiflu sagt er: „Die Krankheitsdauer wird im Durchschnitt um einen Tag verkürzt.“
Das Mittel hat keinerlei vorbeugende Wirkung, auch das ist allgemein bekannt.
Spiegel: „Kann Tamiflu denn wenigstens die Ausbreitung der Schweinegrippe eindämmen?“
Mühlbauer: „Viel geeignetere Maßnahmen hierfür sind, im Krankheitsfall zu Hause zu bleiben und vor allem, sich häufig die Hände zu waschen.“

Daraus folgt: Die Bundesregierung sollte lieber Seifenvorräte anlegen.
Ich kann’s einfach nicht glauben, dass so ein durchsichtiger Schwindel so reibungslos funktioniert!

2 Antworten

  1. „Zuhausebleiben“ hat allerdings auch einen großen Einfluss auf die Lohnkosten.
    Wenn 20 Schweinegrippepatienten einen Tag früher wieder zur Arbeit gehen ist das ein ganzer Monat (Arbeitstage) für ihre Arbeitgeber.
    Bei einem Durchschnittsverdienst (inkl. Nebenkosten) von sagen wir 3000 Euro …
    … noch nicht so toll, aber:

    Wenn aber ALLE die Schweinegrippe bekommen: 40 Mio. Arbeiter, sind einen Tag früher gesund -> 600 Millionen Euro Lohnkosten für nur 90 Millionen Medikamente, sind eine super Einsparung.

  2. So gut wie Sie bin ich nicht in Mathe, aber, und das entnehme ich dem Interview mit dem Pharmakologen Bernd Mühlbauer, das Tamiflu-Zeug ist eh nicht für jeden.
    Spiegel: „Der Nationale Pandemieplan sieht eine Einlagerung von Anti-Grippe-Mitteln für 20 Prozent der Bevölkerung vor.“
    Mühlbauer: „Das halte ich für übertrieben.“
    Okay, mag sein, aber das heißt doch, dass sowieso nicht Medikamente für ALLE angeschafft werden. Da müssten Sie noch mal neu rechnen … Ich bin neugierig!

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.