Neues aus Tirol...

Der angeheiratete Großonkel Paul hatte mit den Österreichern noch nie viel am Hut – am allerwenigsten aber mit dem so oft besungenen der Tiroler. Und seit ein paar Tagen kann ich ihn umso besser verstehen. Seine Vorbehalte gegenüber unseren Nachbarn mögen in seiner persönlichen Geschichte und Vorkommnissen von vor über einem halben Jahrhundert begründet sein.
Das absolut letzte Mal, so hat Paul seinen Verwandten immer wieder erzählt, habe er österreichischen Boden im Krieg betreten. Damals als junger Flugabwehrsoldat, stationiert irgendwo südöstlich von Wien, halb in der Puszta, dort wo später die Welt zeitweilig in Form der Grenze zu Ungarn mit Brettern vernagelt worden war.
Viel hat er nicht über die Zeit erzählt, als er das nicht ganz freiwillige Tragen der  Uniform fast mit dem Augenlicht bezahlt hätte. Gefallen hat’s im beim Barras aber sicher nicht. Dabei wirkte der hochgewachsene Mann Zeit seines Lebens preußisch, protestantisch, respekteinflößend und militärisch – der geborene Offizierstyp für jeden amerikanischen Spielfilm über den Zweiten Weltkrieg.
Kein launischer Plauderer, kein Anekdotenerzähler, keiner, der viel von sich selbst preis gibt – schon gar nichts von seinen Gefühlen. Wenn aber die Rede auf Österreich kam, dann wiegelte er noch schneller und jedes Widerwort ausschließend ab. „Mit denen bleibt mir bloß vom Leibe! Erst“, so donnerte Paul los, „schicken sie uns den Hitler und dann wollen sie mit nüscht was zu tun haben.“

Jetzt bitte dürfen Sie, werte Leser, ächzen. „Nicht schon wieder!“ werden die einen rufen und zu Recht darauf verweisen, dass es ein alter Hut ist, Hitlers Herkunft aus dem Inn-Städtchen Braunau hervorzukramen, dem Nachbarn seine durchaus vorhandene Verstrickung in das Nazi-Regime vorzuhalten usw. usw.
Die anderen werden reklamieren, die Litaneien der kriegsteilnehmenden Generationen habe man nun langsam satt, und überhaupt müsse man sich auch nicht mehr wundern, warum alle ehemaligen Soldaten statt sich den braunen Balken aus dem eigenen Auge zu holen, lieber auf die Splitter der anderen verweisen. Das kenne man nun mittlerweile auswendig. Aber darum geht es an dieser Stelle gar nicht.


Wenn Freund Piefke (also wir) sich seine Gedanken über die netten Nachbarn macht, dann muss er sich allerdings manchmal wundern. Langsam schwappt ins Bayerische und damit auch in den bundesdeutschen Blätterwald die Geschichte von August Penz. Der ist seines Zeichens Freiheitlicher, Hotelier und ambitionierter Kandidat für den Posten des Bürgermeisters in Innsbruck. Sein Slogan: Kompetenz heißt August Penz.
Innsbruck – das ist gleich ums Eck. Jene charmante Stadt, an der wir Menschen aus dem Großraum München jedes Jahr mehrfach auf den zahllosen Reisen an den Gardasee vorbeirauschen. Mehr wussten wir bisher nicht. Aber jetzt ist die Landeshauptstadt Tirols schlagartig in die Medienlandschaft gedrängt worden.
Als Freiheitlicher hat August Penz natürlich sein Näschen im Wind, der scharf von rechts weht. Das ist keine große Überraschung. Die FPÖ hat unter der Ägide Jörg Haiders gern den großen Braunen serviert – und das nicht nur kaffee-mäßig gesehen. Man erinnere sich an Haiders markige Ansprachen vor den Veteranen der Waffen-SS, die dank Wikipedia auf ewig ins Weltgedächtnis gebrannt sind:
„Dass es in dieser regen Zeit, wo es noch anständige Menschen gibt, die einen Charakter haben und die auch bei größtem Gegenwind zu ihrer Überzeugung stehen und ihrer Überzeugung bis heute treu geblieben sind. Und das ist eine Basis, meine lieben Freunde, die auch an uns Junge weitergegeben wird. Und ein Volk, das seine Vorfahren nicht in Ehren hält, ist sowieso zum Untergang verurteilt. Nachdem wir aber eine Zukunft haben wollen, werden wir jenen Menschen, den politisch korrekten, beibringen, dass wir nicht umzubringen sind und dass sich Anständigkeit in unserer Welt allemal noch lohnt, auch wenn wir momentan nicht mehrheitsfähig sind, aber wir sind den anderen geistig überlegen. (…) Wir geben Geld für Terroristen, für gewalttätige Zeitungen, für arbeitsscheues Gesindel, und wir haben kein Geld für anständige Menschen.“

Obwohl Haider sich nicht scheute, Saddam Hussein zu besuchen und eine enge Freundschaft zu einem der Söhne Ghadaffis unterhielt, hat er auch immer wieder massive antiislamistische Äußerungen getätigt, so zum Beispiel als er sich als Landeshauptmann in Kärnten massiv gegen den Bau von Minaretten wehrte: „Weil nicht brave biedere Muslime diese Minarette bauen wollen, sondern radikale Islamisten im Hintergrund. Sie wollen ihre Symbole der Macht in unsere Landschaft klotzen“ tönte er 2007 in einem Interview.

Das ist natürlich genauso Schnee von gestern wie die Einlassungen von Onkel Gerhard zum Thema Österreich.
August Penz  nun hat aus seinen politischen Ambitionen nie einen Hehl gemacht, genauso wenig wie er unverhohlen aus dem markigen Sprüchereservoir der FPÖ den schönsten zur politischen Positionierung herauszupfte:

Mein Plan für Innsbruck: Heimatliebe statt Marrokaner-Diebe

Penz packt an. Bild: privat.

polterte er von 33 Großflächen in der Tiroler Hauptstadt. Das reimt sich zwar, ist literarisch auf eher unterdurchschnittlichem Niveau, aber politischer Selbstmord.
Das hinlänglich bekannte Präsizisonsgerät, das in keinem Gutmenschen-Haushalt mehr fehlen darf, ratterte sofort los: Die Empörungsmaschinerie. Die Entwicklung nahm seinen Lauf, die allgemeine Entrüstung zog schnell internationale Kreise. Das marokkanische Königshaus ließ über den stellvertetenden Außenminister auf’s Schärfste protestieren, der österreichische Botschafter wurde einbestellt und die Inititiative muslimischer ÖsterreicherInnen erstatte Strafantrag. Die Plakate wurden, bevor es zu einer ernsthaften diplomatischen Krise kam, und Hannibal eventuell diesmal von Süden kommend mit Elefanten über die Alpen anrückte, überklebt.
Er wolle sich „ausdrücklich von der Plakatkampagne distanzieren, sowie für den Inhalt und die Formulierung entschuldigen“ und übernehme dafür „persönlich und alleine die Verantwortung“ zitiert ihn österreichische Kleine Zeitung.

In Penz‘ Hotel wird es wohl in nächster Zeit deutlich ruhiger zugehen. Zumindest darf der Unternehmer sicher sein, dass die Gutmenschenfraktion ihr Nachtlager, sollte sie denn in Innsbruck nächtigen müssen, woanders aufschlagen wird. Verdenken kann man es ihnen natürlich nicht.

Die FPÖ allerdings kann auch weiterhin rücksichtslos am rechten Rand auf Stimmfang gehen, Penz ist als der alleinig Entgleisende verantwortlich. Dabei hat der doch nur konsequent umgesetzt, was in der FPÖ seit Daham statt Islam  unheilvolles Programm ist. Derweil wird der Tiroler FPÖ-Landeschef Gerald Hauser in der Süddeutschen Zeitung vom 11.04.2012 zitiert, er habe höflich Marokko eingeladen, seine Kriminellen zurückzunehmen…

Vielleicht könnte Gerald Hauser bei der Gelegenheit mal schnell mit gutem Beispiel vorangehen und den bösen Hitler-Geist, der immer wieder durch unsere bundesdeutsche Lande mal störend, mal lästig, mal bedrohlich wabert, heimholen.

Pardon:  Warum sollte der Herr Klauser?

Der Hitler war ja Oberösterreicher und kein Tiroler.

Eine Antwort

  1. Und die Moral von der Geschicht? Trau nur mir! – Dir selber nicht.
    Das mit dem Herrn Hitler war ja eh eher ein Privatverkauf. Selbst wenn nicht, die Gewährleistung ist selbst abgelaufen.

    Die Sache mit Hitler ist ein bisschen wie mit Omas altem Kleiderschrank.
    Das gute Stück wirft keiner weg, es ist absolut aus der Mode und wird (in diesem Fall hoffentlich) nie wieder in ein Schlafzimmer gestellt. Irgendwann landet es in der Trödelscheune und ein Anderer findes es ganz klasse…
    Wie die Golems in Terry Pratchetts Roman „Ab die Post“ brauchen wir nur lange genug auf unserem Ar*** zu sitzen, um zu beobachten wie sich die Geschichte wiederholt. Der Ort und die Protagonisten sind dabei auswechselbar.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.