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Braucht man für Microsoft Windows 8 wirklich ein Handbuch? Microsoft glaubt: NEIN! Für Surface liefert der neue Hardwarehersteller erst gar kein Manual mehr aus. Schließlich steckt in Windows 8 ja auch alles drin, was man in Redmond  in den vergangenen Jahren zum Thema Ergonomie gelernt, entwickelt und erforscht hat. Äh … oder doch nicht?

Nach dem Auspacken meines Surface vor einigen Wochen fühlte ich mich ein wenig wie damals bei meinem ersten MS-DOS-Rechner. Die Älteren unter den Lesern werden sich erinnern: ein grünlich oder bernsteinfarben blinkendes “C” auf einem leeren Monitor war alles, was man anfangs auf dem Startbildschirm finden konnte. Ein Zeh als User-Schnittstelle – das waren Zeiten.

In den Folgejahren bin ich dann mit Microsoft durch alle Höhen und Tiefen der GUI und des WYSIWYG gegangen, von Windows 1 über WfW und NT bis zu XP und schließlich Windows 7 und folglich bin ich wohl ein wenig versaut durch diese Tradition, bei der man sich irgendwann einmal damit abgefunden hat, dass man ein Programm schließt, in dem man erst mal auf “START” klickt. Windows 8 erschien mir bei meiner ersten Konfrontation als ganz großer Kulturschock. Ich wischte mir die Finger wund, um durch Versuch und Irrtum mühevoll herauszufinden, was mein Surface eigentlich alles machen kann, wo meine Programme liegen, wie man sie vorübergehend ablegt, wie man sie schließt. Die Individualisierbarkeit erschloss sich mir ebenso wenig intuitiv, wie das Produktivitätspotential. Dabei war ich von Beginn an von der Hardware, seiner Schnelligkeit, Stabilität, Flexibilität, Haptik – kurz: vom Formfaktor – sehr angetan. Einzig die Software bereitete mir Kopfschmerzen, was meiner ersten Besprechung des Microsoft Tablets auch deutlich zu entnehmen war. Ich gebe zu: ich hätte das hübsche Brettchen anfangs mehr als einmal am liebsten an die nächstbeste Wand geworfen. Und ich denke doch, dass ich mich zu den eher technikaffinen Menschen rechnen darf.

Aber Probleme bereitete mein Windows 8 RT-Tablet anfangs auch echten IT-Profis: meine an sich wirklich sehr kompetenten Kollegen von unserem externen IT-Service-Anbieter hatte – und haben leider – noch immer Probleme mit der Integration meines Surface in unser Exchange-Server-System.

Aber gut, das hier ist eine Buchbesprechung. Also sollte man irgendwann auch einmal auf das Buch zu sprechen kommen. Das Buch um das es hier geht war und ist – auch – ein “Männer-Handbuch”, jedenfalls ein Buch, dass jedem, der mit einem Windows 8 Tablet nicht nur spielen, sondern möglichst schnell effizient arbeiten will, hervorragende Dienste erweist:

Michael Hülskötter: Windows 8 auf Tablet-PCs, 315 Seiten, 19,95 €, ISBN 978-3-8272-4774-2, Pearson Deutschland.

Der Autor bemüht sich um einen breiten Spagat, versucht er doch “Newbies” ebenso anzusprechen wie Windows-verseuchte “Oldbies” (siehe oben). Und so quält sich der Leser natürlich auch durch einige Längen bei der Lektüre. Aber man muss das Buch ja auch nicht von vorne bis hinten Seite für Seite lesen. Möglich wäre das allerdings, Michael Hülskötter schreibt nämlich durchaus verständlich und “mit leichter Feder” und durchgängigem Strich. Der gelernte Informatiker hat das Schreiben einst beim Verlag “Markt & Technik” gelernt und das war ganz offensichtlich eine gute Schule.

Was kann also man von Michael Hülskötters Buch lernen?

Viel:

1. Wie funktioniert überhaupt dieses neue Wischi-Waschi-Windows? So hätte ich ohne diesem Buch die schnelle Rechts-Links-Wisch-Kombi, beginnend am linken Fensterrahmen, wohl niemals entdeckt. Danke nicht nur dafür!

2. Wie klappt das mit der Individualisierung von Windows 8 – und natürlich von Win 8 RT; fast alle Hinweise gelten für die LowFat-Variante von Windows 8 nicht minder, als für die Vollfett-Version. Mangels Offenheit der Windows 8 APIs lässt sich Surface ja nicht vernünftig “verchromen”, und statt Chrome wurde ich wieder auf den (guten) alten Explorer zurückgeworfen. Ich habe meine wichtigsten Quicklinks nun direkt auf der Kacheloberfläche des Start-Bildschirms abgelegt. Man muss sich umgewöhnen, aber man damit arbeiten. Dies ist nur ein Beispiel für die vielen Hinweise zur Personalisierung von Windows 8, die man dem Buch entnehmen kann.

3. Mehr als 100 Seiten widmet der Autor den mitgelieferten Windows 8 Apps. Einige davon sind in der Tat fast so selbsterklärend, dass es einer “Anleitung” eigentlich nicht bedarf. Andere sind faktisch so komplex, dass einem das Buch auch nicht weiterhelfen kann, etwa wenn es um die Einbindung von Exchange-Konten geht. Das Web ist voll von diesbezüglichen Problemschilderungen  und auch von einigen Lösungen. Ähnlich verhält es sich mit der Kontakte-App: die ist zwar mächtig, aber wer zum Beispiel eine recht große Anzahl von Twitter-Kontakten hat, der möchte vielleicht nur die Mitglieder einer Twitter-Liste in diese App integrieren. Geht das? Das Buch gibt keine Antwort. Vermutlich geht es auch nicht.  Ich will nur sagen: bei einigen “fortgeschrittenen” Problemen hilft das Buch leider nicht mehr weiter. Dies liegt daran, dass sich der Autor in seiner Vorgehensweise an den Features von Windows 8 entlang hangelt. Ein lösungsorientierter Ansicht aus Nutzer-Sicht würde eher ausgewählte Problemlösungen definieren und aufzeigen, mit welchen Funktionen sich diese lösen lassen – oder ob es externe Tricks gibt, die hier zu Lösungen führen. Aber das Buch ist eben eher ein sehr gut und wunderbar verständlich geschriebener Handbuchersatz, keine Schulung, erst recht nicht für Fortgeschrittene.

4. Ein eigenes Kapitel widmet Michael Hülskötter der Nutzung von Microsoft SkyDrive – und das ist gut so. Durch die enge Einbindung von SkyDrive in Windows 8 erhält Dropbox nicht nur einen wichtigen Wettbewerber, sondern ich fürchte man kommt auf Dauer gar nicht um die Parallel-Nutzung beider Dienste nicht herum.

5. Ein weiteres Kapitel bezieht sich auf die Funktionen von Microsoft Office 2012 auf Tablet-PCs. Nun lernen endlich ja auch Microsoft-Jünger wie sie gemeinsam an web-basierten Dokumenten arbeiten können – fast wie bei Google Docs. Zwinkerndes Smiley

6. In seiner Vorstellung des Windows Stores gibt der Autor einige spannende Tipps, denen nachzugehen sich meistens lohnt.

7. Die Übersicht über derzeit lieferbare Tablets wird schneller veralten, als man das lesen kann.  Aber für Kaufwillige und Entscheidungsunsichere mögen diese Ausführungen hilfreich sein. Online-Übersichten (selbst die von Microsoft) werden hier immer aktueller sein und mehr als eine Übersicht bietet auch Hülskötter nicht. Zu den Stärken des Buches gehört dieser Absatz nicht. Kurz: das hätte man sich sparen können.

 

Fassen wir zusammen: Michael Hülskötter hat ein absolut notwendiges Buch geschrieben, das Newbies und “Oldbies” den Einstieg in Windows 8 oder Windows 8 RT auf Tablet PCs entscheidend erleichtert. Es bleibt “Luft nach oben”. Der Autor verfügt sicherlich über Profi-Wissen, das in diesem Buch keinen Platz gefunden hat und das viele Leser gerne anzapfen würden. Wie wäre es mit einer Fortsetzung auf seinem IT-Techblog? Darüberhinaus bietet das Buch jenen, die sich mit dem Gedanken befassen sich ein Windows Tablet anzuschaffen eine erste Übersicht, die aber schnell von der Realität überholt werden wird.  Deshalb: schnell hier oder besser noch beim Buchhändler Ihres Vertrauens kaufen. Zwinkerndes Smiley

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