Die USA sind das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“. Das kennen Sie sicher. Nur ist diese Verheißung aus guten alten Pioniertagen und den Zeiten, in denen sich Tellerwäscher zum Millionär hochputzen konnten, mittlerweile etwas fragwürdig. Denn die unbegrenzte Möglichkeiten bedeuten ja auch, dass es nichts gibt, was es nicht gibt. Oder: Alles, was denkbar ist, wird auch möglich gemacht. Und noch mehr…

Dass das Denkbare auch realisiert wird, beweisen vor allem die skurrilen Gesetzgebungen, aber auch das dem arikanischen Naturell wohl entsprechende übersteigerte Sicherheits- und Kontrollbedürfnis. Beides hat mittlerweile Formen angenommen, die weit jenseits dessen sind, über das wir Europäer noch schmunzeln können. Denn die Amerikaner meinen das ernst. Zum Teil toternst. Wie sonst könnte es möglich sein, dass in diesem Land die halbe Nation unter permanenter Bewaffnung steht und sich jedermann das Recht heraus nimmt, sein Eigentum (nicht mal sein Leib und Leben) zu verteidigen, in dem er andere über den Haufen schießt. Und wenn es der eigene Sohn ist. So geschehen in Connecticut im September, als ein Vater seinen Sohn für einen Einbrecher gehalten und kurzerhand niedergeschossen hat. Präventiv natürlich!
Sicherheit geht eben über alles. Und Kontrolle.
Das mögen sich auch ein paar Schulen in Texas gedacht haben, die ihre Schüler mittlerweile zwingen, mit RFID-Tags versehene Anhänger zu tragen. Diese Tags ermöglichen eine automatische Identifizierung und Lokalisierung von Ob- und Subjekten und erleichtern damit erheblich die Erfassung von Daten.
Die Radio Frequency Identification ist nichts Neues. Sie wird zum Beispiel bei der Beobachtung von Wanderungen wildlebender Tiere verwendet. So wird deren Aktionsradius, Verbreitungsgebiet bzw. die Wanderbewegung erforscht.

In Texas werden jetzt an mehreren Schulen Schüler gezwungen, auf dem Schulgelände RFID-Tags mit sich zu führen.
Schüler sind zwar manchmal wildgewordene, aber nicht per se wildlebende Lebewesen. Auch in den USA nicht. Ihre Wanderbewegungen und Verbreitungsgebiete sind überschaubar und auch der Aktionsradius ist – so lange sie sich auf dem Schulgelände befinden – einschätzbar. Wozu also das Ganze?
Will man vielleicht Bewegungsprofile erstellen um Menschenströme gezielt lenken zu können? Die Vermeidung von Staus durch die Beseitigung von Passagehindernissen mag in der modernen Architektur eine Rolle spielen, wenn schlagartig Menschenmassen auf Engstellen zuströmen – wie zum Beispiel bei U-Bahnhöfen in der Rush-Hour. Aber bei Schulen?
Strömen alle in den Pausen auf’s Klo? Oder nach draußen?
Minichten. Darum geht es nicht. Auch nicht um Sicherheit.
Das Interesse der amerikanischen Schulen ist ein ganz anderes. Wie NBC berichtet, dient das Ganze „lediglich“ dazu, die Finanzierung der Schulen sicherzustellen. Denn die staatlichen Zuschüsse hängen von der Anwesenheitszahl der Schüler ab. Oder kurz gesagt: Wo viel geschwänzt wird, wird der Geldhahn zugedreht: Befindet sich ein Schüler zum Zeitpunkt der allmorgendlichen Zählung zwar auf dem Schulgelände, nicht aber im Klassenzimmer, entgehen der Schule 30 US-Dollar, berichtet das Portal Heise Security. Der Schulbezirk Northside Independent, zu dem die beiden Schulen gehören, schätzt den dadurch jährlich entstehenden Schaden auf 1,7 Millionen US-Dollar. Verweigert ein Schüler das Tragen des Anhängers, drohen laut einem Bericht der Webseite wnd.com Beurlaubung und Geldstrafen.

Unbegrenzte Möglichkeiten und grenzenlose Kontrollmögichkeiten.

Das gibt es – so sangen einst Hans Albers und Evelyn Künnecke – nur in Texas.

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