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Am 19. Mai 2009 bin ich twitternd zur Welt gekommen. Ach was: bin ich in die Twitterwelt geschneit. Das ist nun genau ein Jahr her. Ich war also ein „Spätstarter“, die Zwitscherwelle war damals schon recht alt und anfangs war ich auch alles andere als begeistert von diesem neuen Medium. Mir schien es, als ob man nicht auch nur einen einzigen Gedanken in 140 Zeichen einsperren könnte. Heute, 365 Tage später bin ich zwar sicherlich noch immer kein „Power User“, aber doch ist Twitter für mich heute Alltag. Zeit also für einen kleinen Rückblick:

Angefangen habe ich, weil alle Welt von Twitter gesprochen hat und ich nichts verpassen wollte. Jaaaa – wie langweilig! Und verstanden habe ich die Twitterei anfangs auch nicht so richtig: wochenlang habe ich die Gruppe meiner Verfolger regelmäßig abgegrast und alle rausgeworfen, die mir nicht zusagten: werbende Stalker, Leute deren Themen mir nicht zusagten, sollten auch mich nicht lesen. Ich selbst folgte anfangs nur wenigen handverlesenen Bekannten und den üblichen Stars des Genres. Das hielt die Sache übersichtlich und Angst vor Unübersichtlichkeit war eines der größten Hemmnisse zu Beginn meines Twitterlebens.

Was habe ich geglaubt der Welt per Twitter mitteilen zu müssen?

Nun ja, zu erst einmal Informationen, die mir für Leute mit meinen beruflichen Interessen bedeutsam erschienen: Links auf Web News zu PR, Marketing, Internet. Online-Kommunikation, Web-Kultur und Medien. Twitterer sind zum guten Teil nichts weiter als personalisierte Nachrichtenfilter. Das funktioniert und macht auch Sinn. Dann aber gab es auch Tweets, die mir einfach Spaß machten: kleine Beobachtungen während einer Islandreise, aber auch der ein oder andere Zwischenruf aus Konzert und Theater. Und so repräsentieren meine Tweets eigentlich ganz gut meine Person. Oder jedenfalls den Teil meiner Person, den ich der Öffentlichkeit verschrieben habe 😉

Anfangs hat das nicht so viele interessiert und da ich ja auch noch Verfolger aktiv abwehrte (siehe oben) stagnierte die Anzahl der Stalker über viele Monate bei rund 150. Dann habe ich irgendwann mal aufgehört mich um die Verfolger zu kümmern und schließlich im Gegenteil über Karma jeden Follower begrüßt und zurückverfolgt. Und zur Zeit nimmt die Anzahl der Follower recht sprunghaft zu. Das ist noch immer weit unter der „Königsebene“, die aber auch zumeist entweder intensiver twittern, länger schon dabei sind oder sich gar Verfolger „kaufen“. Pro Woche kommen zur Zeit laut Twittercounter rund 30 Follower hinzu. Dieses Wachstum liegt sicherlich nicht an meinen Tweets, denn die sind noch genauso so selten wie zu Anfang und thematisch hat sich ebenfalls bei mir nicht viel geändert.

Wie lese ich Tweets?

Wesentlich geändert hat sich aber mein Rezeptionsverhalten in der Twitterwelt. Dabei ist mein Grundverständnis vom Twitter-Lesen gleich geblieben. Drei Gründe gibt es für mich um Tweets zu lesen:

1. Ich recherchiere die Zwitscherrufe, so wie ich in Medien nach Themen und Clippings suche. Twitteranalyse via Topsy, Backtweets, twazzup und vor allem Socialoomph ist für mich heute Standard: ich verfolge die Tweets zu meiner Person, zu meiner Agentur und zu wichtigen Kunden, Partnern und Projekten. Seit einigen Tagen nutze ich noch Xobni, um Twitterinformationen zu meinen Gesprächspartnern in Microft Outlook direkt zu integrieren. In LinkedIn und Facebook habe ich Twitter über die üblichen Anwendungen schon lange integriert.

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Twitter integriert in Outlook via Xobni

2. Ich nutze Twitter zur Orientierung auf Events. Zu jedem Event, das ich besuche richte ich mir meine eigene kleine Twitterwall (meist über twitterwallr) ein und verfolge Tipps zu Vorträgen, Einschätzungen zu Speakern und beteilige mich an der Live-Debatte zu allen Aspekten des Events.

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Twitterwall mit twitterwallr zu Events

3. Wann immer ich mal ein paar Minuten Zeit habe „blättere“ ich in meiner Twitter Timeline. Hierfür habe ich Twitter in mein individuelles Standard-Online-Portal bei Netvibes eingebunden und lasse ich mir dort nur diejenigen Twitterer anzeigen, die ich auf meiner privaten „Wichtel“-Liste eingetragen habe. Ich folge vielen und lese – in der Regel – doch nur ausgewählt. Das ganze ist für mich so, als würde ich auf einer Fachkonferenz in der Kaffeepause durch die Reihen der Besucher laufen und mal hier mal da ein paar Brocken aufschnappen. Und das schöne dabei ist, dass ich ganz alleine bestimmen kann, wer auf dieser Konferenz anwesend ist und wer nicht. Ich habe das „Hausrecht“. Ich erfahre, was die Leute, die mich interessieren, gerade beschäftigt und so erfahre ich viel Überraschendes, was mein eigenes Agenda Setting immer wieder mal kräftig durcheinanderwirbelt und meine Weltsicht durchlüftet. Das ist vielleicht sogar die wichtigste Funktion von Twitter für mich. Schließlich konfrontieren wir uns selbst im Google-und Pull-Informationszeitalter immer häufiger mit aktiv Gesuchtem und deshalb nur wenig Überraschendem.

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Twitter Timeline für Listen und Twitter Search – integriert in Netvibes

Mein Twitterverhalten hat sich also konzeptionell in diesem Jahr nicht wirklich verändert. Aber es hat sich professionalisiert: ich nutze eine Reihe von Such-Tools zu Recherche und Reputation Management, Twitterwalls zur Besuchsoptimierung auf Events und Listen via Netvibes zur gezielten kreativen Horizonterweiterung. Den Einstieg in die Twitterei habe ich niemals bereut. Der – durchaus auch professionelle Nutzen ist größer, als gedacht. Und manchmal machts Spass – noch immer 😉

2 Antworten

  1. Michael – der Twitter-Profi. Weit ist es gekommen. Da hast du mich mal wieder kräftig abgehängt: Ich twittere zwar länger, aber viel oberflächlicher. Im Grunde schaue ich normalerweise nur ab und zu in das Fenster meines Twitter-Gadgets auf meinem iGoogle-Desktop, der mir maximal die letzten 20 Tweets meiner Online-Freunde anzeigt. Es gibt ein paar Standards, über die ich mich freue, zum Beispiel der tägliche Morgengruß von @pikihh, die nach dem Aufstehen als allererstes tippt: „Good Morning Tweethearts, you Princes of Twitter, you Kings of the Web!!!“ Heute war sie früh wach, manchmal kommt der Spruch erst um 10 Uhr.

    Wie du verwende ich Twitter intensiv auf Tagungen und Events, vor allem dann, wenn ich sie selber moderieren muss, wie neulich auf unserer European Identity Conference (http://www.id-conf.com). Wenn ich bei jedem Redner die 2-3 wichtigten Kernsätze twittere, habe ich anschließend eine wunderbare Zusammenfassung aller Takeaways, sozusagen ein Tweetprotokoll.

    Während ich also relativ regelmäßig selbst ätig bin, bleibt bei mir die Rezeption eher zufallsgesteuert – im Gegensatz zu deinem methodsichen Ansatz. Aber du bist ja auch ein deutscher Perfektionist, und ich halt ein schlampiger Ami.

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