Ein Leben ohne Höfner? Undenkbar!

Ein Leben ohne Höfner? Undenkbar!

„Höfner unter vorläufiger Insolvenzverwaltung“ titelte „Gitarre & Bass“ vor zwei Tagen.  Was für eine bittere Saite. Meine erste Höfner (siehe Titelbild) balancierte ich irgendwann Anfang der siebziger Jahre auf meinen Schenkeln. E-A-D-G-H-E war der Zauberspruch, den ich in der Musikschule Rauscher in Ansbach lernte. Ich zupfte mich eher lustlos einige Monate durch meine Lehrhefte bis ich meine Höfner in die Ecke stellte und mich wieder meiner elektronischen Kofferorgel zuwandte. „Wandergitarre“ und die in der Musikschule gelehrten Volkslieder waren so gar nicht mein Ding. Die Musikschule war die einzige Schule, von der ich mich abmelden konnte. Also tat ich den Schritt.

Der Junge an der Gitarre. Die Höfner Meisterstück

Meine Eltern wollten das irgendwie gar nicht einsehen. Und so lag an einem Weihnachtsabend unter dem elektrisch illuminierten Baum ein schwarzer Gitarrenkoffer mit einer neuen und natürlich viel schöneren klassischen Gitarre aus Höfners „Meister“-Serie: Mahagoni-Korpus, Erlenhals, Palisander-Steg und Fichtendecke. Ein wirklich feines Teil lachte aus einem mit blauem Samt ausgeschlagenem Koffer. Und warum Höfner? Weil Höfner aus Bubenreuth kommt, also aus der fränkischen Nachbarschaft. Und weil Höfner einen guten Ruf hatte. Was meine Eltern nicht wussten – aber ich: Höfner hatte auch schon für die Beatles Gitarren gebaut, genauer: den brühmten H500/1 Violin Bass für Paul McCartney. Höfner war in den 60igern und frühen 70igern eine Hausnummer. Dann kamen die Asiaten und Höfner verlor heftig Marktanteile und zog sich zurück auf die Produktion klassischer Streichinstrumente. Da kam man eigentlich auch her. Geigen baute Höfner schon bei Gründung des Unternehmens im 19. Jahrhundert in Schönbach, im heutigen Tschechien.

Anfang der achtziger Jahr mit Höfners "Meisterstück"

Jedenfalls war meine neue Höfner so ein Schmuckstück, dass ich wieder mit dem Gitarrenspiel anfing, dieses Mal aber ohne langweiligen Unterricht, sondern im Selbststudium und mit „richtiger Musik“. Ich spielte also alles rauf und runter, was abends auf Partys gerne gehört wurde, vor allem Lieder, die Mädchen gerne gehört haben: Bob Dylan, Neil Young, Donovan, die großen alten Männer halt. Später kamen dann einige Blues-Veteranen, aber auch deutsche Liedermacher, Weltmusik und sehr viel jiddisches dazu. Zeitweise galt ich wohl auch als eine Art Ché an der Gitarre … „Avanti Popolo“ … Entsprechend klebten auch allerlei Parolen auf meiner alten ersten Höfner (siehe Titelbild).

The times they are a-changin'

Aber auch Spanische Nächte und Bachs Bourrée konnte ich in besseren Zeiten recht zügig runterspielen. Ich spielte täglich und die Fingerkuppen der linken Hand waren vom Spiel hart wie Kruppstahl. Heute machen das die Finger nicht mehr mit und ich bin völlig aus der Übung. Das ist schade. Die Höfners sind noch da. Vielleicht hole ich sie an Weihnachten mal wieder raus. Die Stimme wird ein altersmildes „Don’t think twice“ vielleicht noch hervorbringen. Zu Ehren von Höfner. Oder vielleicht besser „The times they are a-changin'“.

Illustrationen © Michael Kausch

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