Kommentar zu einem Schröder-Interview.

Flapsigkeit ist im politischen Tagesgeschäft nicht angesagt und war es noch nie. Gerade heute, wenn jedes noch so kleine Wort auf die Goldwaage gelegt wird, und wenn jedes Skandälchen zu einem medialen Großereignis hochstilisiert wird, kann der betont witzige Umgangston  schnell ein Desaster herbeiprovozieren.
Eine Randnotiz, ein Witzchen, ein Körnchen Ironie, ein derber Scherz – was falsch verstanden werden kann, wird auch falsch verstanden. Und zwar aus Prinzip. Dünnhäutig sind die politischen Gegner geworden.
Gleichzeitig liegen sie in Lauerstellung und warten nur darauf, dass irgendwer irgendetwas zum Besten gibt, um sich um so lauter hernach darüber aufzuregen.
Was waren das für Zeiten, als Franz Josef Strauß oder Herbert Wehner wüteten… Sprach der eine von „Ratten und Schmeißfliegen“ polterte der andere von „patentierten Christen“.  Willy Brandt titulierte seinen politischen Gegner Heiner Geißler als größten Volksverhetzer seit Goebbels und Joschka Fischer rief Bundestagspräsident Richard Stücklen zu: „Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch!“
Das waren Skandale, bei denen Empörung angebracht war.
Eine Dekade später hätte jede dieser Äußerung zu einer wochenlangen medialen Schlammschlacht Anlass gegeben, die nicht nur unappetitlich für alle Beteiligten sondern auch ein beschämendes Licht auf die geworfen hätte, die meinen, sich im Glanze der gutmenschlichen Erregung suhlen zu dürfen.
Nun wird man Daniel Rousta (Daniel wer?) ganz sicher nicht auf eine Stufe mit Brandt, Wehner, Strauß, Fischer und Co. stellen dürfen. Die Schuhe sind zu groß, und seine Bühne ist auch nicht der Deutsche Bundestag, eine Fernsehtalkshow oder Elefantenrunde.
Das weiß der baden-württembergische Ministerialdirektor Rousta auch. Also hat er sich auf flapsige Kommentare in seinem Facebookprofil  verlegt, aber jetzt offensichtlich den Bogen überspannt. Einige Einträge könnten das Ende seiner politischen Karriere bedeuten, wie es landauf landab in den deutschen Medien gemeldet und von nicht wenigen selbigen prophezeit wird.


Daniel Rousta, vormaliger württembergischer Wahlkampfmanager und jetziger Amtsleiter des baden-württembergischen Finanz- und Wirtschaftsministers Nils Schmid kommentiert sein persönliches Geschick wie auch das Weltgeschehen eben gern auf Facebook, jederman einsichtig und nicht nur seinen aktuell 1.328 Freunden. Und so manches Mal erwies er sich dabei als weitaus weniger witzig, als er es beabsichtigt hatte. Es scheint, als habe Daniel Rousta sich bisher zwar eifrig im Netz getummelt, bis heute aber nicht verstanden, dass eine öffentlich einsehbare Facebook-Pinnwand nicht der Stammtisch im Wirtshaus ist, und man am Biertisch vielleicht seine Sprüche klopfen, aber nicht ins Netz stellen sollte.
Zwei Pinwandeinträge sind es jetzt, mit dem er sich selbst die Schlinge geknüpft hat, die ihm jetzt seine politischen Gegner um den Halt legen werden:

Sorry Liberale dieser Welt.

Die Christdemokraten sehen in einem Fotokommentar den Stein des Anstoßes. Es geht um ein Bild, dass eine Frau im kurzen, geschlitzten Kleid und hochhackigen Schuhen in gebückter Haltung zeigt, die in einen Hubschrauber kletterte. Roustas Kommentar dazu: „Es war nicht alles schlecht.“ Darin sah die CDU verdeckten Sexismus. Mehr noch: …  Ein kurze Recherche der Badischen Zeitung in den Fotodatenbank der Deutschen Presse Agentur macht aus der Vermutung eine Tatsache: Das Foto wurde am 9. Dezember 2011 beim Staatsbesuch des damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff in Oman aufgenommen. Es zeigt Bettina Wulff. So die Badische Zeitung.

Schlimmer aber noch wiegt Roustas Kommentar über die verweigerte Schlecker-Übernahmehilfe durch die FDP. Rousta nannte die Abgeordneten „FDPisser“. So ist es zwar mittlerweile nicht mehr in seinem Profil zu lesen, die kurzzeitige Veröffentlichung aber reichte, um den Vorsitzenden der FDP-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg Hans-Ulrich Rülke die Zornesröte ins Gesicht zu treiben.
Während sich Rousta also – wie es die Presse prophezeit – nach seiner Russlandreise von seinem Amt wohl verabschieden wird ,können wir uns schon mal überlegen, was wir gerade daraus lernen können:

Wenn man aus einer Mücke einen Elefanten machen kann, dann wird sich heutzutage immer einer finden, der das tut. Und sei die Bühne noch so klein, das Hinterzimmer noch so verwinkelt, die FB-Fangemeinde noch so überschaubar Also besser einfach mal Schnauze halten! Das weiß nicht nur der Pinguin.

Man kann, um mit dem derzeitigen Stuttgart-Trainer Bruno Labbadia zu sprechen, alles hochsterilisieren. Vielleicht sollte Bruno, der ja vor Ort ist, das den Politikern im Ländle mal erklären, warum das Hochsterilisieren gar nicht notwendig ist.

Bleiben in der Erinnerung das Wortspiel vom FDPisser, das eines Wehners oder Strauß würdig gewesen wäre,  und die Frage: Daniel wer?

Screenshots: L. Prauser

6 Antworten

  1. Ich werde da langsam immer zorniger, warum nehmen diese „Neuen Spiesser“ nicht mal den Stock aus dem Arsch und machen sich locker. Na, gut dann hat er eben FDPisser gesagt. Das einzige was man ihm dabei vorwerfen kann ist, dass er einfach weder lustig noch geistreich ist, aber was erwartet man auch von einem SPDeppen …

  2. Der Skandal ist nicht, dass Rousta nicht geistreich postet, sondern dass die SPD ihren Parteimitarbeitern als Bonus-Prämie eine Beamtenversorgung verschafft.

    Roustas Berufung auf den am höchsten besoldeten und beamteten Job im Ministerium war eklatant laufbahnrechtswidrig.

  3. Heute Morgen postet Daniel Rousta auf seinem Facebook-Profil:

    „Game over, Freunde. Nils Schmid hat mich gerade darüber informiert, dass ihm die von FDP und CDU angestoßene Debatte über meine Facebook-Postings keine andere Wahl ließe, als mich zu feuern.

    Ich habe versucht, in meiner Funktion Wanderer zwischen den Welten zu sein. Auf der einen Seite oft 16 Stunden am Tag der „Herr MD“ von Amts wegen mit großem Popanz, Dienstwagen und Landeswappen ausgestattet, andererseits – meist zwischendurch per Handy oder iPad – Sprachrohr zu einer Generation oder einem Milieu, das etablierte Parteien und erst recht Regierungen gemeinhin nicht erreichen. Meine Überzeugung war schon lange vor dem Phänomen „Piratenpartei“: die Generation Internet kann man nicht im Verlautbarungsstil und mit üblichen Pressekommuniqués erreichen.
    Netzpolitik bedeutet nach meiner Auffassung nicht nur über Bandbreite, Netzsperren und Urheberrecht zu sprechen, sondern auch die Sprache des Netzes zu sprechen.

    Ich lamentiere also keineswegs über meinen Rauswurf. Mir ist bewusst geworden, dass ich hier und da zu sehr die Regeln der Politik verletzt habe, um den Regeln der Netzgemeinde zu genügen. „FDPisser“ bringen bei Facebook eine Menge Likes, sind aber für Herrn Rülke und viele andere Pöbelei (für die ich mich entschuldigt habe). „Shitstorm“ ist ein medienwissenschaftlicher Begriff, aber der Offliner hört allein die Fäkalsprache heraus. Ein flapsiger Kommentar über die Präsidentengattin a.D. (zu einem Bild, das meiner Erinnerung nach von SPIEGEL Spam stammt) wird von Herrn Kauder und anderen frauenpolitischen Aktivisten der CDU als Sexismus gebrandmarkt. Und ein offensichtlich satirisch gemeintes rollendes rrrr schließlich wird als Nazi-Jargon qualifiziert, das ist die ultimative Keule. Eine mediale Supersoße, für die ich selbst die Zutaten serviert habe 😉

    Fazit: Ich habe die Unvereinbarkeit der beiden Welten unter- und die Dehnbarkeit der Grenzen auf der Politikseite überschätzt. Für meine Facebook-Freunde war es ein erfrischendes Alleinstellungsmerkmal, für den Kommentator eines klassischen Mediums „infantiler Netzmüll“.

    Okay, so ist es. Ich habe verstanden.“

  4. Moin,
    aber es gibt doch gar keine negative PR. Blöd nur, wenn man sich eben in einem Beamtenverhältnis befindet und gar keine PR mehr benötigt. So ist es dann doch ein größerer fail und man darf gespannt sein, ob der Herr Daniel jetzt doch etwas mehr in die Öffentlichkeit tritt.

    Gruß

    Marc

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