Rachel Kushner. Nicht Fisch, nicht Fleisch im „See der Schöpfung“. Eine Buchkritik

Rachel Kushers See der Schöpfung hat mich schwer enttäuscht. Der Roman ist nicht Fisch, nicht Fleisch. Für einen Agententhriller nicht spannend genug, für einen philosophisch inspirierenden Roman nicht tiefgründig genug, für einen Roman einer der renommiertesten Autorinnen der USA einfach zu schlecht geschrieben. Auch wenn der Plot in Frankreich angesiedelt ist – oder vielleicht deshalb – comme c’est ennuyeux.
Silvia Tennenbaum: Rachel, die Frau des Rabbis. Eine Buchempfehlung

Rachel, die Frau des Rabbis. In diesem Roman wird viel erzählt, aber nichts entwickelt. Und das ist gut so. Es ist ein quälend langer Vorstadt-Sabbat, in dem Tennenbaum die Zustände einer jüdischen Gemeinde schildert, ihre Bigotterie, ihre inneren Kämpfe, ihre Nestwärme, und mittendrin die Familie ihres Rabbiners und ihrer Rebbezin.
Plattenkiste 17: Mit Mama Leone im House of the Rising Sun

Ich liebe Single-Börsen. Also diese Tische, auf denen viele Singles liegen, diese kleinen schwarzen runden Dinger, diese 7-Zoll-Schallplatten. Eigentlich sollte der Kauf von Singles von Krankenkassen bezuschusst werden, denn wenn man alle drei oder vier Minuten zum Umdrehen der Platte zum Plattendreher laufen muss, das hält schon fit. Und andere Familien- und Wohngemeinschaftsmitglieder mit ihren MP3-Playern und Streamingdingern erklären einen für reichlich blöde. Aber es gibt natürlich auch die Hardcore-Junkies mit ihren Music-Boxen aus der Elvis-Ära. Die kennen eh nur 7-Zöller. Und die ganz Durchgeknallten mit einem Plattenspieler im Auto. Ja sowas gibts. Ich war vor ein paar Jahren nah dran mir sowas in der Bay zu schießen. Das Ding war so groß, ich hätte den Beifahrersitz ausbauen müssen. Aber ich fuhr damals nur einen Zweisitzer. Das war mir dann doch zu verwegen. Obwohl … Jedenfalls stell ich Euch heute mal fünf Platten aus meiner kleinen feinen Single-Sammlung vor.
Ein Besuch in Les Milles – Das ehemalige Internierungslager in Aix-en-Provence

Im Sommer 2025 besuchte ich Les Milles, das Internierungslager in Aix-en-Provence, in dem Anfang der vierziger Jahre zahlreiche deutsche antifaschistische und jüdische Schriftsteller und Maler wie Lion Feuchtwanger, Golo Mann und Max Ernst interniert waren. Zwischen August und September 1942 diente es als Sammellager für die Organisation der Vernichtung der Juden aus Frankreich. Von hier aus wurden mehr als 2.000 von ihnen nach Auschwitz, Treblinka und Sobibor deportiert. Gerade einmal 172 überlebten die Transporte.
Les Milles ist heute das einzige ehemalige Lager, das in Frankreich als Gedenkort an die Vertreibung und Vernichtung der europäischen Juden und an die Verfolgung der Hitler-Gegner intakt ist und als Museum betrieben wird.
Klabund: Das Leben lebt. Gedichte.

Klabund, ein – nein – DER legitime Nachfahre von Fränzchen Villon. In diesem Band „Das Leben lebt“ sind einige Gedichte vertreten, in dem man das gut nachfühlen kann. Klabund hat den guten alten Vaganten Villon nachgedichtet wie kein anderer. Er hat gesoffen und geliebt wie er, und er hat die Mächtigen angepisst wie er, jedenfalls nach seiner Wandlung zum entschiedenen Kriegsgegner nach den Gräueln des ersten Weltkriegs. „Das Leben lebt“ versammelt vor allem verzehrende Liebeslyrik, zahlreiche Gedichte, die Klabund seiner großen Liebe Brunhilde Heberle, genannt „Irene“, widmete.
Plattenkiste 16: Memories

Heute grabe ich ganz tief in meiner Plattenkiste und fische nach Erinnerungen in Vinyl. Memories aus alten Tagen, aus sehr alten Tagen. Nein, keine Kinderschallplatten. Und auch nichts aus Vaters Plattenschrank. Beides war übersichtlich, aber immerhin vorhanden. Und Bestandsreste daraus gibt es noch. Peterchens Mondfahrt und Winnetou. Hans Moser und Heiz Rühmann. Alles noch im Giftschrank. Ganz so wild wird es nicht. Aber wild genug waren die Zeiten, als ich mit den Schmuddelkindern spielte … Von Degenhardt bis Tom Waits.
Buchvorstellung: Michael Thumann: Eisiges Schweigen flussabwärts. Eine Reise von Moskau nach Berlin.

Thumann kennt die Zeit der Träume, die Jahre, als der „Wind of Change“ durch Moskau wehte. Und er trauert um diese Zeit. Das spürt man in jeder Zeile seines Buchs „Eisiges Schweigen flussabwärts“. Er beschreibt darin eine Reise entlang der Westgrenze Russlands. Eigentlich sind es mehrere Fahrten, in denen er immer wieder Grenzen überquert, da wo man sie noch überqueren kann. Er steht an der finnisch-russischen Grenze, überschreitet den einzigen offen Grenzübergang zwischen Russland und der EU in der Nähe des estnischen Narva, unterhält sich mit Russen in der russischen Enklave Kaliningrad.
Buchvorstellung: Hilde Stieler: Die Edelkomparsin von Sanary

Komparsen sind „lebende Requisiten, welche die Hintergrundaktion einer Filmszene darstellen“ meint die Wikipedia. Und Hilde Stieler bezeichnete sich als eine solche Komparsin, immerhin als eine „edle“. Was für eine grobe Untertreibung …
Aber wie soll man auch Mut zur Selbstdarstellung gewinnen, wenn man sich sein Leben lang mit Geistesgrößen und Diven wie Thomas und Heinrich Mann, Albert Einstein, Walter Rathenau, Rainer Maria Rilke, Stefan George, Paul Klee, Alma Mahler-Werfel, Franz Werfel, Aldous Huxley, Lion Feuchtwanger und Bert Brecht umgibt?
Halldór Laxness: Sein eigener Herr.

„Sein eigener Herr“ ist einer der frühen Romane von Halldór Laxness. Er entstand noch unter dem Eindruck einer Reise in die Sowjetunion, die er 1932 besuchte. Es gibt keine positiven Helden in diesem Roman. Nur auf den ersten Blick erscheint die Welt heil und Bjartur als edler Held. 1955 erhielt Laxness den Literatur-Nobelpreis. Völlig zu Recht. „Sein eigener Herr“ ist ein großartiger Roman über einen dickköpfigen Islander, geschrieben von einem äußerst dickköpfigen Isländer.
Schwarz und Weiss – Fotografien aus den Jahren 2008 bis 2017

Schwarz und Weiss – Fotografien aus den Jahren 2008 bis 2017 aus dem Münchner Norden, aber auch aus Island, Sardinien, aus dem Iran, Israel, Ägypten, Lettland, Moskau, Polen, Tschechien, Frankreich, aus der Türkei, aus idyllischen und weniger idyllischen Gegenden.