Ein Misanthrop ist ein Misanthrop ist ein Misanthrop.
Also einer, der die Menschen hasst, zumindest aber ihre Nähe ablehnt. Und er tut gut daran. Denn Menschen sind bisweilen kolossal anstrengend. So sehr, dass man sich gern in ein Schneckenhaus zurückzieht, um seine Ruhe zu haben. Das hat nicht unbedingt was mit Soziophobien zu tun, das Ergebnis ist aber ähnlich. Während die einen den Wunsch verspüren, einfach nur in Ruhe gelassen zu werden, fühlen sich die anderen von ihren Mitmenschen eher überfordert. Und halten sich fern.
Das geht aber nicht, wenn man ein intensives Leben in den sozialen Netzwerken betreibt.
Nun ist das mit Twitter eine entspannte Sache – kaum einer kennt einen und weiß, wer wirklich hinter dem Account steckt. Bei Facebook ist das anders, da steht man mit seinem guten Namen da. Facebook wird ja nicht müde, Accounts zu jagen, die unter Pseudonym geführt werden, und die Betreiber zu zwingen, ihre Klarnamen zu verwenden. Selbigen müssen sie, einmal von Facebook aufgespürt, sogar mit einem amtlichen Dokument nachweisen, wollen sie nicht, das Mark Zuckerberg den Account persönlich still legen lässt.
Aber darum geht es eigentlich gar nicht…

Worum dann?

Es geht um die nur bedingt lustige Angewohnheit, sich gegenseitig auf Facebook zum Geburtstag zu gratulieren. Welch absurde Blüten das bisweilen treibt, darüber habe ich vor vier Jahren hier gebloggt, nachzulesen im Beitrag Achtung Fettnapf: „Happy Burzzeltag!“

Es ist also kein Geheimnis, dass ich es äußerst unnötig finde, dass meine Facebook-Freunde, die ich zum Teil gar nicht persönlich kenne, mir an meinem Geburtstag das Verslein auf die Pinwand posten: Happy Burzzeltag – und lass Dich schön feiern und dazu ein lustiges Torten-, Diddl oder Blumenbildchen aus dem Netz bemühen. Und genau das kann ich nicht ausstehen und mache das selbst nie. Niemand hat je von mir einen Facebook.Geburtstagsgruß bekommen. Und ich selbst will die auch nicht haben!krok04_bearbeitet-1

Weiß aber nicht jeder und respektiert auch nicht jeder.
Viele meiner FB-Kontakte  wissen ja eigentlich nicht, wann ich Geburtstag habe, allerdings erinnert sie Facebook daran, sofern ich selbigen dort hinterlegt habe und dann legen sie reflexartig los. Sie wissen auch nicht, dass ich mich an meinem Geburtstag gar nicht feiern lasse – jedenfalls nicht mehr als sonst auch.  In den vergangnen Jahren haben – obwohl ich meinen Geburtstag bei Facebook verberge – trotzdem einige Leute auf meiner Pinwand gratuliert. Das waren die, die es auch so wussten. Sie meinten es nett und ich mache niemandem einen Vorwurf daraus. Aber wenn einer mal damit anfängt, zieht das Kreise. Brauch ich das? Eher nicht. Ich bin nämlich ein Misanthrop, der einfach nur seine Ruhe haben will.
Also plane ich ein Täuschungsmanöver für gleich alle knapp 300 Facebook Freunde. Am Vorabend meines Geburtstags deaktiviere ich meinen Account. Augetrickst – Freunde.
Jetzt gibt es keine unpersönlichen Geburtstagsgrüße mehr, die nicht von Herzen kommen – so wie diesen, der mich per Mail erreicht:

happyburzel

Als ich den Account auf Facebook deaktiviere, fragt mich der zuckerbergige Mark zig mal, ob ich das wirklich will. Er jammert mir vor, wer dann alles mit mir keinen Kontakt mehr haben wird. Dazu zeigt er mir ein paar Fotos von Leuten aus meiner Kontaktliste. Absurderweise sind es auserechnet Bilder einiger meiner besten und engsten Freunde. Da frage ich mich, ob Mark wirklich so vermessen ist, zu glauben, dass ich ohne sein Facebook nicht mehr mit Alex zum Weißwurstfrühstück gehen werde, nicht mehr mit meinem Cousin im Biergarten sitze oder mit  Ina, die bei uns ein- und ausgeht, darüber diskutiere, welcher Fußballverein denn nun der beste der Welt ist. Und auch den Kollegen Hans sehe ich fast täglich im Büro. Indaface, Mark!

Als das nicht zieht, warnt Facebook mich, dass ich auf diversen Seiten und in Gruppen keine Administratorenrechte mehr habe und diese mir dann von anderen Administratoren wieder erbitten muss, wenn ich wieder zuückkomme. Ja er weist mich sogar darauf hin, dass eine Fanpage, die ich aufgesetzt habe, dann gar keine Administratoren mehr hat und diese Rechte mehr oder weniger öffentlich angeboten werden. Soll das Mutterkomplexe wecken, dass ich meine Seite schutzlos zurücklasse?

Mir ist das egal – noch ein Klick und ich bin erst mal weg. Mein Geburtstag kann kommen. Wem es ein Bedürfnis ist, der kann mir per Mail, Telefon, SMS, Briefpost, WhatsApp oder in diesem sonderbaren Real Life gratulieren. Direkt und persönlich.

Und so geschieht das dann auch. Offenbar wissen doch einige auch so, wann ich Geburtstag habe und wie sie mich persönlich erreichen können. Der erste Glückwunsch kommt gleich morgens um 6.15 Uhr. Da erhalte ich eine sehr liebe E-Mail einer Freundin, verbunden mit der Frage, warum ich sie denn aus meiner Facebook-Freundesliste gelöscht habe, sie verstünde gar nicht warum…
Das finde ich witzig. Die Frage kommt nämlich öfter, tatsächlich bemerkt der eine oder andere, dass er mich via Facebook nicht erreichen kann. Na sowas! Eine gelungene Finte.

Aber morgen, wenn der ganze Spuk vorbei ist, kann ich den Account vielleicht ja wieder aktivieren. Heute kümmere ich mich nur darum, was mein Verein mir empfiehlt. Recht hat er.

happytag

5 Antworten

  1. Servus Lutz,
    du hast mir mit diesem gelungenen Austrickser erst mal einen Hieb in die Magengrube verpasst! Ich weiß ja seit Jahren, dass Du diese Gratulationen hasst, wie die Pest und trotzdem lasse ich es mir nicht nehmen, meinem langjährigen Schildkrötenfreund und Chauffeur aus guten, alten Zeiten zu gratulieren 😉

  2. Hey Lutz, was ist los? Erst konnte ich dir nicht bei Facebook zum Geburtstag gratulieren und jetzt kannst du am Freitag nicht zum Weißwurstfrühstück! Schade und ich dachte, wir wären Freunde.
    Also Freunde in der Form, wie zwei Misanthropen eben Freunde sein können.

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