Kaum ist sie da, geht das Genörgel los. Gestern hat in Deutschland die Plattform „Spotify“ ihre Dienste aufgenommen, heute kommt postwendend Protest – und wie immer sind es die Datenschützer, die das neue Portal als Erste ins Visier nehmen, kritisieren, rechtliche Bedenken anmelden und vor dessen Benutzung warnen.
Spotify (Kunstwort aus englisch spot, „entdecken“ oder auch „sofort lieferbar“ und englisch identify, „identifizieren, ausfindig machen“) ist eine unentgeltlich erhältliche Musik-Streaming-Software, die eine mehrfach verschlüsselte Direktübertragung von Musikstücken ohne Verzögerung ermöglicht.Spotify überträgt Musikdateien über das Internet durch eine Kombination aus serverbasiertem und der Peer-to-Peer-Technologie (P2P). klärt Wikipedia über den Dienst auf.
Spotify, 2006 in Schweden gegründet und seit 2008 online, ist mittlerweile in 13 europäischen Ländern aktiv. Focus online hat in einer Übersicht die wichtigsten Informationen übe diese neue Musikplattform zusammengestellt.

Peter Schaar, Bundesdatenschutzbeauftragter

Anders als Verkaufsplattformen wie iTunes kauft der Nutzer aber nicht die Musikstücke und lädt sie auf sein Gerät, er streamt sie nur und zahlt dafür entweder gar nichts, dafür nimmt er aber Werbung in Kauf. Oder er hat die Wahl zwischen verschiedenen Abovarianten mit oder ohne Werbung, mit eingeschränktem oder uneingeschränktem Zeitlimit.

Das alles klingt nach einem versöhnlichen Handschlag: Der Musikindustrie Gelder abzuführen und gleichzeitig den Usern die Möglichkeit zu geben, legal Musik zu streamen und dies über die eigenen Netzwerke zu kommunizieren, Lieblingslisten auszutauschen, Freunden mitzuteilen, was man gerade hört und warum, was man mag und was nicht: Empfehlungen geben und Empfehlungen annehmen.
Das Konzept klingt interessant und hat sich – wie oben erwähnt – bereits in zahlreichen Ländern etabliert. Selbst die monatlichen Maximalkosten und damit die uneingeschränkte Streaming-Möglichkeit sind günstiger als der Kauf einer gerade neu erschienenen CD.
Der Haken ist nur: Wer bei Spotify einen Account haben möchte, der benötigt zwingend einen Facebook-Account. Hier haben sich zwei Plattformen zu einer höchst effizienten Symbiose zusammengetan.
Und genau dass ist es, was der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar im Gespräch mit der Neuen Osnabrücker Zeitung kritisiert. Dort wird er mit den Worten zitiert: „Das Telemediengesetz verpflichtet die Internetdiensteanbieter, eine anonyme oder pseudonyme Nutzung des Dienstes anzubieten. Ein solches Recht wird aber nicht gewährt, wenn sich der User vorher bei Facebook registrieren lassen muss“.
Der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix, der ebenfalls in der Neuen Osnabrücker Zeitung zu Wort gekommen ist, rät gar, sich ganz von Spotify fern zu halten.
Bekanntlich fordert Facebook bei der Registrierung seine User auf, nur Klarnamen zu verwenden. Dass die Wirklichkeit ganz anders aussieht, steht auf einem anderen Blatt. Viele User verwenden von Anfang an Fake-Namen oder benennen sich gleich nach der Registrierung um, viele, vor allem Jüngere tun dies mehrfach. Dass eine „pseudonyme Nutzung ausgeschlossen sei„, wie es Peter Schaar sieht, widerlegt die Praxis in tausenden von Fällen.
Jetzt bleibt abzuwarten, ob mit Spotify Facebook wieder einen gewaltigen Nutzerzuwachs erhalten wird, nicht wenige davon mit Phantasienamen und E-Mail-Adressen, die sich nur bedingt und unter erheblichem Aufwand auf real existierende Personen zurückführen lassen. Denn das Spotify-Angebot ist verlockend. Allein mit über 16 Mio Titeln nimmt es die erste Position unter vergleichbaren Diensten in Anspruch.
Bleibt die Frage, wen diese Warnungen eigentlich erreichen und wen sie interessieren?
Das Grundprinzip von Facebook ist es ja gerade, mit „Freunden“ zu kommunizieren, ob das nun die eben gelieferte Pizza ist, das Handy-Bild vom Strand von Mallorca oder der ach so süße Dackel im Garten…
Schon jetzt binden User intensiv Links zu Musik- und anderen Videos bei Facebook ein, nur um zu zeigen, was ihnen gefällt, und was sie gerade hören. Und genau dieses Bedürfnis ist es, was Spotify für viele User so interessant macht.

Da werden sie sich auch von den Datenschutzbeauftragten nicht davon abhalten lassen, ihren Freunden gegenüber zu veröffentlichen, was gerade bei Spotify gestreamt wird. Immerhin kann man ja auch bei vielen Shops jetzt seine online getätigten Einkäufe bei Facebook posten. Und es soll ja User geben, die eifrig Gebaruach davon machen. Was also dem „XY hat gerade einen Bügelbrettbezug gekauft“ Recht ist ist dem „XY hört gerade Johnny Cash“ billig.
Letztlich ist wohl der größtmögliche Schaden, den ein FB-User anrichten kann, vollends seine Reputation verlieren, weil der Musikgeschmack mehr als abscheulich ist. Aber das wussten die echten Freunde vorher ja auch schon.

Für die User (und alle andern, die anonym bleiben wollen) , gibt’s aber auch die Alternative einfach einen weiteren FB-Account einzurichten. Alan Smithee würde sich da anbieten…

 Bild: Wikipedia, hochgeladen und bereitgestellt von User Church of emacs

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