So, das mit dem Euro hätten wir erledigt. Sollen wir sie jetzt wieder reinbitten?

Alles Gerede und Geschreibe über eine angebliche „Krise des Euro“ sei leichtfertiges Geschwätz von Medien, von Journalisten und von Politikern, sagte Altkanzler Helmut Schmidt auf dem SPD-Parteitag in Berlin. Nun, im Alter wird man vergesslich (ich weiß, wovon ich rede – und Schmidt steckt ansonsten denktechnisch jeden anderen Politiker, den ich kenne, in den Sack!). Und so hat er es leider verabsäumt, die schlimmsten Missetäter zu benennen: die Spekulanten.

Dass Wirtschaftsjournalisten in der Regel nichts von Wirtschaft, und Politiker nichts von Wirtschaftspolitik verstehen, ist ja der Normalzustand. Aber die Zocker wissen ganz genau, was sie tun: Indem sie ein europäisches Land nach dem anderen gegeneinander ausspielen, mal hier den Zinsdruck in die Höhe treiben, mal dort, lassen sie in der Tat eine Krise entstehen, und zwar eine Krise in den Köpfen von Bürgern und Bankern, die beide auch nicht so recht durchblicken. Schließlich lesen sie ja beide Zeitung und schauen Nachrichten, und was sie dort zu hören bekommen, ist eine journalistische Reflexreaktion: Bete einfach die Horrormeldung nach, die am besten hilft, die Auflage oder die Einschaltquote in die Höhe zu treiben.

Das ist eigentlich kein Vorwurf, denn so funktioniert das Journalistengeschäft ja schon immer. Es ist aber doch ein Vorwurf, denn ich hätte so gerne, dass sich wenigstens diesmal das ethische Verantwortungsgefühl zumindest bei denjenigen durchsetzt, die sich brüsten, „Qualitätsjournalisten“ zu sein. Eine aussterbende Spezies, sicherlich – aber irgendwo muss es doch noch ein paar von ihnen geben.

Tatsache ist, und da hat Schmidt Recht: „Diese europäische Währung ist nach innen wie auch im Außenverhältnis bisher stabiler als der amerikanische Dollar – und stabiler als die D-Mark in ihren letzten 10 Jahren gewesen ist.“ Alles andere ist nicht nur leichtfertiges, es ist auch dummes Geschwätz.

Helmut Schmidt hat mir mal bei einem wunderbar sonnigen Mittagessen auf Mallorca mit seiner bezaubernden Frau Loki ganz nebenbei erzählt, wie er mit seinem Freund Valéry Giscard d’Estaing den Ecu, die europäische Umrechnungseinheit, die den ersten Schritt in Richtung Euro bildete, erfunden hat. „Wir saßen bei ihm zu Hause auf dem Sofa und haben unsere ganzen Berater vor die Tür geschickt. Dann haben wir auf ein Blatt Papier aufgeschrieben, was wir wollten, haben sie wieder reingerufen und ihnen gesagt: „Das wollen wir haben. Macht das!“

Oh hätten wir doch heute noch Politiker von solchem Kaliber, die sich nicht von dämlichem Geschwätz ablenken lassen. Uns ginge es besser, und dem armen, gebeutelten Euro auch.

3 Antworten

  1. Da hast Du Dich aber reinlegen lassen. Die haben damals nicht aufgeschrieben, was sie wollten, sondern abgeschrieben, was der große Cszyslansky zu diesem Thema schon längst gesagt hatte.

    In seinem Buch: Europäische Währungssysteme als Modell für eine Weltwährung lüftete C. ein großes Geheimnis. Bereits im Mittelalter gab es nämlich eine Gemeinschaftswährung. Die Umtauschkurse und die Verbreitung wurde von einer geheimen Bruderschaft besorgt, die später die Illuminierten genannt werden sollten und deren Mitglied bekanntlich auch C. war.

    Das Währungssystem funktionierte so: Auf je drei Pfund (livre, pound, lire) Silber wurde ein Wappen geprägt. Natürlich bildlich gesprochen, die drei Lire gab es auch als Goldmünze, leichter zu transportieren und in Deutschland im Wert genau ein Reichstaler. Aus dem Taler wurde der Dollar, aus den Lire eher ein Leichtgewicht, und aus dem Wappen („Escudo“) in Frankreich ein Êcu. Der Ecu war keine reine Siberwährung. Spätestens mit der Entdeckung der beiden Amerikas wurde eine ganze Region mit dem Umtausch von Ecu in Gold beauftragt, damals Ecu à d’or, heute Ecuador. Praktisch für die Geheimhaltung war die Möglichkeit, diesen Namen auch vom Äquator abzuleiten, so schöpfte niemand Verdacht.

    Es gab auch eine zweite Bruderschaft, sozusagen Konkurrenz, die lieber statt mit Wappen mit aufgeprägten Kronen hantierten. Diese dann auch Kronen genannte Währung wurde alsbald, vor allem im neunzehnten Jahrhundert, die europäische Leitwährung. Von der Tschechei über Ungarn bis hinunter zum Kosovo bezahlte man mit dieser Währung in einem Währungsverbund, der erst nach dem ersten Weltkrieg aufgelöst wurde und der sich daher als Studienobjekt eignet, wenn man Effekte eines auseinanderbrechenden Währungssystems erforschen will.

    Mit dem Verschwinden der Krone bekamen die Illuminaten wieder Oberwasser und so stand der Einführung des Ecu nichts im Wege. Von wegen European Currency Unit…

    Den Euro einzuführen hatten hingegen bereits die Schweden im 17. Jhdt. versucht, wo sowohl Kronen, als auch Öre verwendet werden. Die Kronen hatten wir bereits, aber aus den Öre wurde im Umweg über Frankreich, das zu Europa bekanntlich Öropa sagt, dann bei uns der Euro. Die Schweden scheiterten mit der Europäischen Vorherrschaft, der westfälische Friede beendete den Krieg, aber das mit der Währung haben sie gut hinbekommen.

  2. Sie prügeln hier die falschen:

    1.) „Aber die Zocker wissen ganz genau, was sie tun: \dots“ Richtig, sie wollen Geld verdienen. Und wenn sie dabei die Schwäche von Volkswirtschaften ausnutzen, tun sie allen einen Gefallen. Von funktionierenden Märkten, auch Geldmärkten, haben wir alle etwas.

    Mit dem Finger zeigen düren wir nur auf die, die unsolide wirtschaften.

    2.) “ … dass sich wenigstens diesmal das ethische Verantwortungsgefühl zumindest bei denjenigen durchsetzt, die sich brüsten, „Qualitätsjournalisten“ zu sein.“ Wer kauft denn Qualitätsprodukte? Niemand. Eine Tageszeitung für 5 Euro? Soviel kostet das nämlich mindestens.

    Wer also ist schuld? ad 1: Wir, die wir diese Leute wählen. ad 2: Wir, die wir kein Geld für gedruckte Qualität ausgeben.

    Fassen wir uns doch bitte alle an die eigene Nase.

  3. Lieber AGC, Sie prügeln auch den falschen 🙂

    Tim Cole wirft den Zockern nichts vor. Er schreibt eher, dass „Politiker nichts von Wirtschaftspolitik verstehen“. Im Gegensatz zu den Zockern, nämlich. Und das, was die Zocker machen, führt ja auch, immer noch laut Tim, zu einer Krise, aber zu einer in den Köpfen von Leuten, die wiederum ihre Horrormeldungen aus der Zeitung nehmen, in der wiederum Leute schreiben, die einfach nur nachplappern, was andere schreiben.

    Und was die Qualitätsjournalisten angeht, auch hier interpretiere ich Tim Cole anders: Es geht nicht darum, ob man Qualität zu einem bestimmten Preis produzieren kann oder nicht, es geht nur darum, mit welchem Recht sich bestimmte Leute über andere erheben und von sich ungerechtfertigt behaupten, sie seien eben diese Qualitätsjournalisten. Oder kurz:

    Es ist ja kein Schnitzel, also: Don’t call it a Schnitzel

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.