Warum sich selbst ein Asylant heute ein Smartphone leisten kann – allerdings nicht von Apple!

iPhone für Arme
iPhone für Arme

„Smartphone am Ohr vor der Flüchtlingsunterkunft. Dieses Bild verstört viele Menschen, wenn es um Asylbewerber geht, denn in Deutschland gelten die Geräte als Luxusartikel.“ Das schreibt die Süddeutsche Zeitung heute in einem Artikel im Politikteil.

Mein Czyslanksy-Freund Lutz Prauser hat das heute auf Facebook gepostet. Erste Antwort aus dem Cyberspace: „Die telefonieren uns die Freiminuten weg!“ Bei uns in Österreich hat FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache den Beitrag einer Dame, die offenbar aus dem rechten Fremndenhassersumpf stammt, weitergepostet, die sich über das „auffällig große“ Smartphone in der Hand eines dunkelhäutigen Flüchtlings beschwerte. Gut, er hat den Beitrag später wieder gelöscht, aber nur, weil seine Seite von Protestlern zugemüllt wurde.

Ich denke, das Thema verdient es aber, genauer untersucht zu werden. Warum sind Smartphones bei uns Luxusgüter? Das liegt natürlich an den Wucherpreisen, die hierzulande verlangt und bezahlt werden. Mit uns kann man’s ja machen, denn wir Wohlstandsbürger bezahlen klaglos 700 bis 750 Euro und mehr für ein Gerät, das in der Herstellung gerade mal $150 kostet. Oder was glauben Sie, wieso Apple im vergangenen Quartal den höchsten Firmengewinn der Wirtschaftsgeschichte eingefahren hat? Oder anders gefragt: Wer kann sich außer Apple eine Gewinnaufschlag von 500 Prozent leisten?

In Kanada bietet Apple übrigens das gleiche Gerät für umgerechnet 550 Euro an. Merke: Kanadier lassen sich nicht so leicht übers Ohr hauen wie wir Europäer.

Dass Apple nur deshalb solche Rekordgewinne einfahren kann, weil es eine ausbeuterische Billigproduktion in China betreibt und mit dreisten Steuertricks den Fiskus umschifft, sei nur mal so am Rande erwähnt. Die Geschäftsmethoden von Apple waren Spiegel online neulich einen hochinteressanten Beitrag wert.

In der so genannten „Dritten Welt“ kosten Mobiltelefone oft 100 Euro oder weniger. Ich bin mal in Indien in einen Handyladen gegangen, weil ich das Ladegerät für meinen Palm Treo zu Hause gelassen hatte, und habe nach einem „cheap phone“ gefragt. „Here, sir!“, sagte der Verkäufer und legte mir ein schickes, schmales Motorola-Gerät auf den Tisch für 5000 Rupies. Das waren damals so um die 60 Euro. Ich habe das Ding heute noch, und es tut einwandfrei. Man kann damit auch am Stammtisch punkten, denn es sieht wirklich super aus! Man kann damit telefonieren und sogar SMS empfangen. Aber mehr auch nicht.

Laut PriceBaba, einem Vergleichsportal für Mobiltelefone in Indien, kostet heute ein (allerdings technisch wirklich uralter, aber durchaus funktionsfähiger) Nokia 220 weniger als 2000 Rupies – ungefähr 28 Euro! Kommt mir also bitte nicht mit „Luxusgut“!

Wer mehr will, muss deswegen auch nicht sehr viel tiefer in die Tasche greifen. Selbst echt Smartphones sind im Osten viel billiger als bei uns. Der neue Mi 4i von Xiaomi, einer chinesischen Billigmarke, wurde zuerst in Indien eingeführt und kostet dort umgerechnet etwa 190 Euro. Mozilla schockte letztes Jahr die Branche mit der Ankündigung, ein Smartphone mit Firefox OS für $25 bauen zu wollen, allerdings mit deutlich eingeschränktem Funktionsumfang, scheiterte zwar daran, dass selbst Drittweltbewohner und Flüchtlinge, wenn schon, keinen Billigschrott kaufen wollen. Aber ich denke, für die ist das Leben ja schon schwer genug…

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