Warum ich keine Bahnhöfe rezensiere und Facebook keine Ahnung hat…

Ich habe keine Ahnung, wie man einen S- oder U-Bahnhof rezensiert, egal, ob der unterm Hauptbahnhof liegt oder sonst wo auf dieser Welt.
Aber Facebook, meint, ich könne das.
Und noch mehr.
Facebook meint, ich solle das tun.

Schließlich möchte Facebook, dass all seine Nutzer alle Orte, die sie in ihrem Leben besucht haben bzw. auf denen sie sich bei Facebook als Da war ich schon vermerkt haben, rezensieren. Und bei mir ist das eben die S-Bahnhaltestelle am Münchner Hauptbahnhof.
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Nicht, dass das der einzige Ort wäre, den ich im Leben besucht hätte… Nur teile ich eben weder Facebook noch meinen dortigen Freunden mit schöner Regelmäßigkeit mit, wo ich mich gerade in der Weltgeschichte herumtreibe. Ok, hin und wieder stelle ich ein Foto ein und verrate, wo das aufgenommen wurde. Aber ich vermeide es, generell meinen Standort per GPS bestimmen zu lassen und in die Facebook-Beiträge gleich mit eintragen zu lassen. Aus gutem Grund, wie der Screenshot oben dokumentiert. Denn nun muss ich all diese Orte rezensieren, an denen ich jemals laut meiner Facebook-Chronik gewesen bin. Es ist egal ob Strandbad oder Restaurant, Geschäft, Kino oder Museum – oder eben Bahnhof.
Also einen Bahnhof rezensieren…

Einfach aus Spaß befrage ich Google. Die wissen doch alles, die können mir doch helfen.
Pustekuchen!
Unter den Stichwörtern Bahnhof und rezensieren finde ich in 0,41 Sekunden über 285.000 Treffer. Kein einziger der ersten fünf Seiten, dann hatte ich keine Lust mehr weiterzuklicken, enthält eine Rezension eines Bahnhofs. Dabei wäre das doch hilfreich gewesen. Was schreiben die anderen? In zweiter Anlauf bei Google mit den Suchwörtern Bahnhof und Rezension bringt zwar 461.000 Treffer, doch beschäftigen sich die meisten, soweit ich das beim Überfliegen der ersten Seiten sehen kann, mit Christiane F. Wir Kinder vom Bahnhof Zoo. Und dann gäbe es noch eine FAZ-Sachbuchrezension: Wir Löwen vom Bahnhof Zoo.
Na klasse. Da will man mal hochprofossionell von anderen was abschreiben und findet nichts… Das Glück ist eben immer nur mit den Berufsplagiatoren.
Soll ich mich an den von mir so geschätzten Kundenzufriedenheitsbefragungsportalfragebögenbeantwortungen (als Deutscher liebe ich kurze Wörter) orientieren?
Ich überlege, was auf den Münchner S-Bahnhof unterm Hauptbahnhof zutreffen könnte:

  • Höfliches, zuvorkommendes, freundliches Personal?
  • Großzügige Ausstattung?
  • Helle, freundliche Atmosphäre?
  • Umfangreiches und ansprechend präsentieres Warenangebot der Shops?
  • Einfach zu findende und zu bedienende Fahrkartenautomaten auch für Ortsfremde und Fremdsprachler?

Oder müsste ich nicht viel eher fragen:

  • Großzügiges Drogenangebot von Kleindealern?
  • An- oder Abwesenheit von alkoholisierten, pöbelnden Menschen? Sind gewaltbereite jugendliche Schlägertrupps, wie man sie aus der medialen Berichterstattung des realen Lebens oder aus einschlägigen Tatort-Folgen kennt, anwesend?
  • Oder wimmeln hier Heerscharen von orientierungslosen Touristen durch?
  • Waren frustrierte Fußballfans vor Ort?
  • War das Angebot an Nutten akzeptabel?
  • Kam eine S-Bahn?

Halt Stop… Wir reden von München, nicht von St. Pauli, nicht von der Frankfurter B-Ebene und schon gar nicht von Berlin. Dabei ist der Fall von Dominik Brunner ja nun ausgerechnet in der Stadt geschehen, die sich mit Hilfe der Polizeistatistiken als Deutschlands sicherste Stadt rühmt. Soll ich also meine Rezension mit meiner persönlichen Befindlichkeit auf einem S-Bahnhof koppeln? Je länger ich darüber nachdenke, um so absurder erscheint es mir, überhaupt für Facebook einen S-Bahn/U-Bahnhaltepunkt zu rezensieren.

Wozu auch?

Wie wenig Facebook über seine Benutzer wirklich weiß, aber doch vorgibt zu wissen wird mir ein paar Tage später klar. Der Datenkrake, wie das Gesichtsbuch so schön und gleichzeitig diffamierend für alle Achtfüßler genannt wird, versucht ja krampfhaft, Daten zusammenzusuchen und zuzuordnen. Unlängs wurde mir eine Gruppe empfohlen wird, mit der ich herzlich wenig anfangen kann:

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Nun weiß ich, dass Facebook mir Gruppen vorschlägt, die zu den Gruppen, in denen ich bereits bin, inhaltlich passen. Oder es empfiehlt mir Gruppen, in denen einer meiner Facebookfreunde Mitglied (wenn auch ein sehr kleines – Achtung Wortwitz) ist. Da ich mir überhaupt nicht vorstellen kann, wie sich meine Gruppen, in denen es um Schildkrötenhaltung und Schwimmen geht, zu „Kleiner Penis und keine Probleme damit“ zuordnen lassen, muss ja wohl der andere Algorithmus greifen. Wer meiner Facebookfreunde also outet sich? Wer ist das mit dem kleinen Penis? Nicht, dass mich das was angeht, aber neugierig bin ich ja schon. Vielleicht sollte ich erst mal alle unter Generalverdacht stellen und ins hochnotpeinliche Verhör nehmen. Anders lässt sich das nicht ergründen, denn die Gruppe ist eine geschlossene, was für Facebook-Verweigerer heißt, man muss seine Mitgliedschaft beantragen, wird freigeschaltet und kann erst dann Einblick nehmen. Aber glauben Sie ja nicht, dass ich der Gruppe beitreten würde. Erstens fehlt eine gewisse Grundvoraussetzung, zweitens weiß man ja nie, wem man dort möglichweise über den digitalen Weg läuft und drittens geht es Herrn Zuckerberg überhaupt nichts an, wie groß oder klein mein… lassen wir das. Wenn er das wissen will, soll er doch in der Tiefgarage nach meinem Wagen schauen und zweifelhafte Rückschlüsse ziehen, das macht Facebook doch sonst auch andauernd.

Bilder: Screenshots, vom Autor angefertigt

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