Dass Tonabnehmer mit der Zeit altern, ist eine Binsenweisheit. Dass sie aber altern wie ein guter Schinken ist weniger bekannt. Tatsächlich will ein Tonabnehmer im positiven Sinne mit dem Alter reifen. Dabei lässt sich der positive Effekt einer Einspielzeit sowohl messen, als auch erklären:

Die Abtastnadel ist im Tonabnehmer in elastischen Gummipuffern gelagert. Natürlich unterscheiden sich verschiedene Tonabnehmer in Material und Qualität auch dieser Gummilager. Allen aber eines gemeinsam: ihre Elastizität ändert sich mit der Zeit. 

Clearaudio Stradivari
Auch ein Spitzen-Tonabnehmer wie mein Clearaudio Stradivari profitiert von einer Einspielzeit.

Gute Gummilager werden nach einer Einspielzeit elastischer, während sie nach längerer Zeit hart und spröde werden. In der Einspielzeit orientieren sich die Moleküle der Gummimischung neu. Dies führt zu einer einer schnelleren und flexibleren Auslenkung: der Tonabnehmer kann den Rillenauslenkungen schneller folgen, die Abtastfähigkeit des Systems nimmt zu. Und das lässt sich auch messen:

Clearaudio Cartridge Break In Test Record

Je nach Tonabnehmer kann seine Abtastfähigkeit in der Einspielzeit um bis zu 10 µm – in Ausnahmefällen auch mehr – zunehmen. Und das kann man hören.

Das Einspielen eines Tonabnehmers ist wie die Dehnübung für einen Fußballer

Um einen Tonabnehmer optimal einzuspielen, sollte die Nadel in ihrer Gummiführung optimal in Bezug auf Auslenkung und Geschwindigkeit in der Vertikalen und Horizontalen bewegt werden. Ein wenig ist das wie die Elastizitätsübung eines Fußballers vor Spielbeginn: die Nadel macht in ihrem Gummilager definierte Dehnübungen. Je nach Tonabnehmer dauert diese Einspielzeit normalerweise zwischen 40 und 100 Stunden. Die Clearaudio Cartridge Break In Test Record verkürzt die Einspielzeit für Tonabnehmer erheblich. Sie optimiert quasi die Trainingseinheiten für das System. Das Mittel der Wahl ist Rosa Rauschen:

Auf dieser Testplatte gibt es sechs Endlosrillen mit Rosa Rauschen.

Rosa Rauschen ist übrigens nichts anderes, als das gesamte Spektrum aller hörbaren Frequenzen, wobei die höheren Frequenzen ein wenig gedämpft werden, da höhere Frequenzen energiehaltiger sind als tiefe Frequenzen. Damit verschiebt sich das Rauschspektrum in Richtung der tiefen Töne. Auf das Spektrum des sichtbaren Lichts bezogen verschiebt sich Weiß (alle Frequenzen) in Richtung Rot (Licht mit niedrigerer Frequenz). So also kommt das Rosa Rauschen zu seinem Namen, so werden Töne farbig!

Nachdem die Nadel ein paar Stunden diese Rillen mit Rosa Rauschen durchpflügt hat, sollte sich ihre Abtastfähigkeit schon erheblich verbessert haben. Um diese Abtastfähigkeit sauber messen zu können, muss aber auch das Antiskating optimal eingestellt sein. Hierfür stehen auf der Testplatte zwei Tracks mit einem 316 Hz Sinus-Signal mit kontinuierlich wechselnden Phasendifferenz von 0 bis 360 Grad zur Verfügung. Auf diese Weise wechselt die Nadel wiederholt von einer waagerechten zur vertikalen Bewegung und umgekehrt.

Weitere Testsignale mit Rosa Rauschen und gleitenden Sweep-Sinus-Testsignalen auf der Platte dienen dem Ausmessen des Tonabnehmers. Insgesamt lässt sich so die Einspielzeit des Tonabnehmers erheblich verkürzen und das Einspielen optimieren. Die Nadel wird in der Einspielzeit trainiert damit sie so elastisch und verzerrungsfrei durch die Rillen läuft, wie Ronaldo über das Spielfeld.

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