01. April 2012 – Berlin, Frankfurt/Main und auch sonst überall in diesem unseren Lande

Aprilscherze sind – das ist nicht neu – nur gut, wenn sie einen Inhalt liefern, über die sich andere aufregen, ärgern, empören, freuen oder sonstige emotionale Regungen empfinden. Dazu müssen sie natürlich nicht nur thematisch gut gewählt sein, sondern auch glaubwürdig präsentiert werden.
Einen zumindest kurzzeitig glaubhaften und in Fußballfankreisen heftig diskutierten Scherz erlaubte sich 2012 das Magazin 11 Freunde unter der Überschrift „DFB-Urteil: BVB droht Punktabzug“.
Der Anlauftext las sich dramatisch:
Vor zwei Wochen verhöhnten Dortmunder Profis ihre Gegner aus Fürth, am Freitag waren die VfB-Spieler dran. Nun schritt der DFB ein und verhandelt einen möglichen Punktabzug für den amtierenden Meister. Uli Hoeneß spricht von Gerechtigkeit.
Die Magazinmacher um Chefredakteur Philipp Köstler ahnten schon, dass es damit nicht getan war. Also posteten sie als Beleg einen Screenschot von einem Twitter-Eintrag, den Kevin Großkreutz angeblich gemacht haben sollte, stellten ein Beweisvideo ins Netz und zitierten sogar Stimmen aus der Liga als Beweis für die Echtheit der Meldung. Dann ein kleiner Link bei Facebook und der Sturm brach los.
Wer am ersten April die Facebook-Diskussion verfoglte, konnte von Wut und Empörung der Borussenfans bis zur unverhohlenen Häme der Gegner und der Aufholjäger des FC Bayern alles lesen. Polemik wurde wieder mal großgeschrieben, Spieler wurden diffamiert, Fans aus den gegenseitifen Fanlagern beleidigt, der DfB angegriffen und nicht zuletzt natürlich auch die Schiedsrichter. Sprich: Keine besonderen Vorkommnisse, der ganz alltägliche Bundesliga-Online-Wahnsinn an einem ganz normalen Spieltag.
Das Team der 11 Freunde dürfte es gefreut haben, wie schnell die Meldung in die einschlägigen Fanforen getragen und dort diskutiert wurden.

Nur: Da blieben sie dann auch: Kein Kicker, keine Zeitungs- oder Nachrichtenseite, die diese Meldung aufgefriffen hätte. Kein Hinweis auf der BVB-Vereinssseite, nichts.
Nun sind Blogger, Forenbetreiber, Facebook-User und Co. natürlich keine ausgesprochenen Medienprofis. Wie also sollten sie wissen, dass es im Presse-Kodex heißt: Eine Quelle allein ergibt keine Nachricht. Für eine Nachricht braucht es mindestens zwei voneinander unabhängige Quellen?
Und so sind einige dem guten Leumund der 11 Freunde vertrauend und nicht auf das Datum achtend einem großartigem Scherz aufgesessen. Andere wiederum entlarvten schon im ersten Foreneintrag das Ganze als Witz.
Tags drauf veröffentlichten die üblichen Verdächtigen die besten Online-Medien-Aprilscherze des Jahres. Dieser fand sich in nicht wenigen Listen der Autoren, die sich für Fußball begeistern können.
Die wahren Fans dürften weniger begeistert gewesen sein: Wer gibt schon gern öffentlich zu, dass er einem Scherz aufgesessen war und sich daher heftigst erregt zu Wort gemeldet und damit die Hosen bis weit unterhalb der Knie heruntergelassen hatte…

Für die 11 Freunde, ohnehin eines der besten und intelligentesten Fussballmagazine in unserem Lande, aber war diese Aktion ein glatter Torschuss.

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Die Reihe wird fortgesetzt am 14.06.2012
Was bisher geschah:

Teil 1: König Fussball im digitalen Zeitalter
Teil 2: Drin oder nicht drin? Das ist hier die Frage
Teil 3: Der Eine und der Andere. Anmerkungen vor dem Pokalfinale
Teil 4: Mit Hummer und Avocado gegen England – sehr analog und sehr teuer.
Teil 5: Der Wald von Birnham vor den Toren
Teil6: Ein Neuer und schon wieder Ärger

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