Da fand also diese Woche eine weitere TV-Debatte zwischen den Kandidaten für das Amt des nächsten US-Präsidenten statt. Genauer gesagt: die letzte (vor den Wahlen). Aber es könnte durchaus auch die letzte ihrer Art in der langen Geschichte des vor jeder Wahl stattfindenden Rituals der Debatten im TV gewesen sein.

Den Grund dafür konnte jeder aufmerksame CNN-Zuschauer selbst auf seinem Bildschirm (ob TV oder PC) sehen: die beinah rührend anmutenden Versuche des Senders interaktive Elemente in seine Präsentation zu integrieren: Da wurden 30 Zuschauer in ein stilles Kämmerlein verbannt, wo sie nicht nur die Debatte im Fernsehen verfolgen, sondern die Statements der Kontrahenten auch gleich bewerten durften. Die bunten Linien am unteren Bildschirmrand zogen zunächst die Aufmerksamkeit von den Gesichtern (und so vorhanden: den Argumenten) der Kandidaten ab, sodann entthronten sie ganz nebenbei auch die Hohen Priester des TV-Kultes. Die Kommentatoren, die uns bislang immer so schön erklärten, was wir eigentlich zuvor selbst gesehen hatten und was wir davon zu halten haben. 

Natürlich gab es auch nach der letzten Debatte wieder solche Kommentare. Sogar mehr als je zuvor. Im Fernsehen. In der Presse. Und selbstverständlich auch im Internet. So gut wie alle erklärten Obama, den offensichtlich kompetenteren und charmanteren der beiden Kandidaten zum Sieger. Aber das war nicht mehr entscheidend. CNN-Zuschauer konnten seinen Erfolg schon während der Debatte live sehen, an eben jenen bunten Grafiken am Bildschirmrand. Aber eben  nur sehen, zuschauen. Nicht mitmachen – wie bei YouTube, wo jeder voten und kommentieren kann. Das enttäuscht. Und macht klar, wo heute die Musik spielt.

Und so vermag es auch nicht zu verwundern, dass sich auf YouTube sowohl die Debatten als auch jeder noch so unbedeutende Moment des Wahlkampfes als Video findet (529.000 Videos zum Stichwort „obama“ meldet YouTube zurück). Natürlich zählt die Debatte zu den am häufigsten aufgerufenen YouTube-Videos. Neben Brittney Spears „Womanizer“, übrigens.

Und genau das macht die neuen Verhältnisse klar: Nicht nur gegen den Kontrahenten, sondern auch dagegen muss sich ein erfolgreicher Kandidat in Zukunft durchsetzen. Er muss sich also nicht nur dem Gegner, sondern insbesondere dem Dialog mit dem Internet-Nutzer, der „weltweiten Konversation namens Internet“ (wie es schon 1999 im „Cluetrain Manifesto“ hieß) stellen. Und dort überzeugen. Um sich gleich von allen Nutzern bewerten zu lassen, denen der Sinn danach steht. Nicht nur denen im Kämmerlein.

Barack Obama weiß das, wie er mit seiner eigenen Website, wie mit seinem (populären) „YouTube Channel“ unter Beweis stellt. Senator McCain muss sich das leider von seiner armen Frau erklären lassen. Denn die ist im Hause McCain für das Internet zuständig. So sagte er selbst einmal treuherzig.

2 Antworten

  1. Es gibt für mich eine Analogie zwischen der „neuen Macht des Kunden“, über die ich schon vor Jahren im „Kunden-Kartell“ philosphiert habe, und der neuen Macht des Wählers im Internet-Zeitalter. Davon ist zwar in Deutschland noch herzlich wenig zu spüren (siehe die abgrundtief schlechte und inhaltsleere Websites nicht nur der CSU vor der gerade abgelaufenen Landtagswahl in Bayern), aber es kommt, so sicher wie das Amen in der Kirche. Auch bei uns wird eine Generation von „media-savvy“ Politikern heranwachsen, die ähnlich virtuos auf dem Klavier partizpatorischer Medien spielen können wie Obama. Wir müssen uns nur leider etwas in Geduld wappnen.

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