Manchmal frage ich mich, ob Gartner die größte Marketingmaschine der IT-Industrie ist, oder tatsächlich so viel Weitblick haben kann, dass seine Analysten Trends bereits im embryonalen Stadium erkennen, an deren Realisierung sich die IT-Szene teilweise noch über Jahre und Jahrzehnte abarbeiten muss: Nicht self fullfilling prophecy, sondern Gartners fullfilling prophecies. Zumindest bei Service orientierten Architekturen (SOA) und in noch größerem Maße bei Cloud Computing hat es funktioniert. Auch Begriffe wie Realtime Enterprise haben dank Gartner beachtliche Karrieren gemacht und viele Investitionen verschlungen.
Jetzt versucht Gartner sich gerade am nächsten großen Wurf: Die „Personal Cloud“ so die Auguren in ihrer neuesten Mitteilung würde ab 2014 den Personal Computer als Zentrum des digitalen Lebens ablösen. Wie genial ist das denn?! Gartner zaubert einen Begriff aus dem Hut (wohl angelehnt an Apples iCloud) für eine Sache, die es höchstens erst in Ansätzen wie Telekom Cloud, Dropbox oder Skydrive gibt und die zurzeit nicht mehr darstellt, als die Auslagerung von Speicherplatz ins Netz. Mit dem Adjektiv „personal“ verdeutlicht Gartner außerdem, dass diese Innovation – wohlgemerkt, sie existiert noch nicht einmal – so erfolgreich sein wird wie der „Personal Computer“ und darüber hinaus die Wahl des eigentlichen Endgeräts gleichgültig macht, solange es einen breitbandigen Zugang zum Netz hat. Wirklich gut ausgedacht!
Manchmal erkennt man die Kraft der Worte. Bei personal cloud bin ich absolut sicher, dass der Begriff sehr zügig aufgegriffen und schon bald in keinem Whitepaper oder Marketing-Argument mehr fehlen wird. Und damit liegt zumindest im Enterprise-Bereich der schwarze Peter der Realisierung wieder bei der IT, wie schon bei der Einbindung des Personal Computers in das Unternehmen (wer hat eigentlich Client Server erfunden?), bei Blackberry oder beim iPad. Das sind CIOs inzwischen also gewöhnt, auch wenn sie sicher manchmal die Gartner-Analysten verfluchen, die immer gerade dann einen neuen Trend erfinden, wenn man den letzten noch nicht verdaut hat.

Foto: Witz und Verstand

4 Antworten

  1. Warten wir ab, was noch kommt: Downclouding, Thin Cloud, Cloud 2.0, OpenCloud und Object Oriented Cloud.
    Für Gartner gibt es noch viel zu tun.

  2. „Cloudsourcing“ bitte nicht vergessen. Jeder braucht außerdem einen „Cloud Disk“ (deren Kapazität in Exabyte oder Zettabyte bemessen wird). Und es gibt ja schließlich mehr als eine Wolke am Himmel, und so wird „Cloud2Cloud“ auch nicht lange auf sich warten lassen.

    Es gibt übrgens laut dem „Internationalem Wolkenatlas“ der Weltorganisation für Meteorologie WMO 27 verschiedene Wolkenarten, die je nach Höhe, in der sie auftreten, in „Strato“, „Alto“ und „Cirro“ (Federwolken) eingeteilt werden (die vertikal sich erstreckenden „Nimbo“ bilden eine Sondergruppe). Die unterschiedlichen Wolkenformen wiederum tragen eigene Bezeichnungen („Cumulus“ für Haufen- oder Schäfchenwolken, „Stratus“ für Schichtwolken, etc.). Da müsste sich nomenklaturmäßig doch auch was machen lassen, oder? Ich habe mir dazu schon mal erste Gedanken gemacht (nachzulesen unter „Welches Wolkerl hätten Sie gerne?„)

  3. Wo Tim so schön das Wort Cloudsourcing ins Rennen bringt, möchte ich noch „crowdclouding oder cloudcrowding einbringen.
    In den IT-News sind doch schließlich täglich Einschläge von Crowdsourcing zu beobachten. Wie wäre Cloudcrowding dann zu übersetzen?
    Massenwolken? Das Crowd ist ja auf die Masse, also auf die Menschen bezogen. Die Cloud auf die genannte Wolke.
    Eine freie Übersetzung wäre demnach Menschenwolken, also CumulusMenschnen – wie Demonstrationen. Da sind wir dann bei Sabine Leutheuser-Schnarrenberger. Sie ist ja in letzter Zeit häufig auf der Seite von Menschenmassen, also Demos, wie z.B. Voratsdatenspeicherung und Acta. Zeichnet sich da, von Gardner beflügelt, eine neue Bundeskanzlerin ab? Wohin die Reise auch geht, ich bin gespannt (und genau so verwirrt über meine Worte)

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