bleistift

… das meine ich ernst. Ich bin bewaffnet. Vor vielen Jahren las ich in einem Krimi von Nino Filasto, von einem Mord, der mit einem Bleistift ausgeführt wurde. Ein Bleistift ist immer eine wunderbare Waffe. Darum bevorzuge ich dieses Schreibinstrument zumindest dann, wenn ich mit Hand schreibe. Das erwähnte ich n meinem Blog ja schon einmal: Ich habe bestellt…

Nun stellt klassischerweise ein Bleistift weder eine Verteidigungswaffe noch ein tatsächliches Tötungsinstrument dar. Und doch, das wissen wir, dass die Feder eine mächtigere Waffe sein kann, als das Schwert. Die Redensart ist hinlänglich bekannt. In Tagen wie diesen ist sie oft genug bemüht worden, womit ich ganz unverhohlen noch einmal auf das Terrorattentat in Paris, das umfassende Thema Pegida/Nopegida, die Demonstrationsverbote, die Lügenpresse usw. zu sprechen kommen möchte. Viel ist in der vergangenen Wochen über Karikaturen und Satire diskutiert worden: Ihre Macht, ihre Grenzen, ihre Verantwortung, ihre Aufgbaben.

125 Jahre nach der Geburt von Kurt Tucholsky, dem „Gottvater“ der Satire, wird sein aus dem Jahr 1919 stammendes Zitat immer wieder bemüht:tucholsky102_v-contentgross

Was darf Satire?

Alles

 

 

Seit einen sehr intelligenten Beitrag im Radio gehört habe, denke ich darüber nach, ob Satire wirklich alles darf. Und ich persönlich bin zu dem Ergebnis gekommen: Nein, das darf sie nicht. Sie darf sich nicht einschüchtern lassen, sie darf sich nicht den Mund verbieten lassen. Aber sie trägt Verantwortung für das, was sie tut – für sich selbst, für die Empfänger ihrer Botschaft und für die Themen, die sie behandelt.
Es wäre vermessen, mein Blog als Satire zu bezeichnen, und noch viel mehr, mich auf eine Stufe mit den Könnern dieser Disziplin zu stellen. Es wäre ebenso lächerlich, mich als Satiriker bedroht zu fühlen. Denn ich steige niemandem auf die Füße und wenn, dann eher hier auf dem Czyslansky-Blog als auf meinem eigenen. Trotzdem habe ich mich oft genug gefragt: Darf ich das so schreiben und so veröffentlichen? Beleidige ich damit nicht die Person, über die ich meine spitzen Bemerkungen in meinem Buch und in meinem Blog formuliert habe, all die Frauen, die mich zu Renate inspirierten, die Frauen, die ich am Strand fotografiert habe, die Menschen, die sich in Pisa lächerlich machen? Die zufälligen Begegnungen in der S-Bahn oder die wildfremde Frau, die mir unverholen und unaufgefordert intimste Bilder zugeschickt hat?
Auch wenn sie alle das Geschriebene wahrscheinlich nie zu Angesicht bekommen wird… Darf ich das?

Darf ich mich in all den Blogs über Gender, Frauengleichstellungsbeauftrage, Schrullen, Political Correctness, all die Renates uns Haralds, Peta, schlechte Kleidung, amerikanische Naivität, die Dummheit meiner Mitmenschen … lustig machen? Darf ich die Arroganz eines intelligenten Menschen gegenüber den Dümmeren zum Ausdruck bringen lassen und es ihnen quasi per Blog heimzahlen, wenn sie mich irgendwie dazu provoziert haben? Oder bin ich nicht einfach ein alter, grummeliger Quer- und Motzkopf?

Tucholsky würde eine solche Frage wahrscheinlich nicht nur mit: „Ja, das darfst Du!“ beantworten. Vielleicht würde er sagen: „Ja, das musst Du sogar…“ und dann ergänzen: „Es ist Satire!“ Vielleicht hat er Recht.

Als ich aber damit anfange, eine durchaus satirische Bemerkung bei Facebook und Twitter streue und dazu noch politisch werde, wie man das eben derzeit so macht, mache ich schnell ein paar sehr sonderbare Erfahrungen. This is the Story:

Mitte Januar lade ich in der Mittagspause ein Bild von meinem Schreibtisch hoch:

teppich3

Damit sammle ich schnell einen Haufen Sterne, das ist die twitterübliche Gefällt-Mir-Zustimmung. Einige meiner Follower rebloggen das in ihre Timeline. Unversehens erhalte ich zwei Nachrichten, die mich aufhorchen lassen. Die eine lautet inhaltlich von einem Zeckenarsch sei ja nichts anderes zu erwarten gewesen.

Okay, denke ich. Das ist ein Blauer, ein Fan des traurigsten Fußballvereins der Welt. Der mag uns Borussen nicht. Schnell wird aber durch einen Blick auf dessen Profil klar: Das ist nicht nur ein Blauer, das ist ein ganz Brauner, ein strammer Rechter. Der hat meinen Tweet sonstwo gelesen und meinte – wohl provoziert (es trifft immer einen richtigen ins Gesicht) – mich nun seinerseits provozieren zu müssen. Fick Dich… Nazi!

Die zweite Nachricht lautet sinngemäß, mein Arsch wäre wohl auch schon islamisiert, bei der Scheiße, die da raus kommt. Das klingt schon nach gehobener Wortwahl und Pedigarasten-Bildung. Ich diskutiere mit solchen Menschen nicht herum. Ich blocke sie. Entfolgen musste ich gar nicht erst, ich folgte ihnen sowieso nicht. Allerdings habe ich zude, meinen Followern empfohlen, das Gleiche zu tun. Je kleiner die Bühne solcher Menschen, umso besser. Mittlerweile zurück geblockt, kann ich die Accounts nicht mehr lesen, höre aber von Dritten, die beiden Pedigarasten sprächen über mich. Das macht mich neugierig. Also nutze ich schnell mal einen inaktiven Zweitaccount, lese beide Zwitschervögel, finde ein paar erbärmliche hoffnungslos rohrkrepierende Zynismen gegen mich, im Stil, ob ich wohl ein Twitter-Blockwart sei – das war’s. Da bin ich Härteres gewohnt: Es ist kein Jahr her, dawurde mir von zwei angetrunkenen Geistern das KZ und die Gaskammer gewünscht, weil ich das falsche – also das schwarzgelbe – Fußballtrikot trug. Vielleicht haben Sie den Blogeintrag gelesen. Er endete mit der gedanklichen, historischen und mathematischen Hochleistung dieser beiden betrunkenen Schwachköpfe, die mich wegen des Trikots für einen Dortmunder hielten, einen Bewohner der Kanackenstadt, wie sie es formulierten und mich anlallten:

“Weiss’u”, brüllte der eine noch immer lallend. “So Typen wie Euch, die hätten wir vor 20 Jahren nach Dachau ins KZ geschickt und vergast.”
“Alle vergassen”, ergänzt dumpf der andere. “Alle vergasen!”

Auf einem der Twitteraccounts, deren Namen ich hier nicht preisgebe (es wäre zu viel der Ehre für solche Gestalten) finnde ich den Rat, man möge mich entfolgen – gerichtet an sensationelle 81 Follower des einen und 795 Follower des anderen Accounts. Hat mächtig gewirkt, wie ich im Nachhinein analysiere. Einem Entfolger stehen mehr als 20 neue Twitter-Leser gegenüber. Da kann so ganz falsch nicht sein, was ich an Meinung in die Öffentlichkeit hinauspumpe – egal ob auf Twitter oder in den Blogs. Das es eine minimale Wirkung hat, spornt an. Also bleibe ich ganz der Alte – irgendwo zwischen KZ und Blockwart verortet, wie die meisten von uns.

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