„Nur um der Hoffnungslosen willen ist uns die Hoffnung gegeben“

(Walter Benjamin)

Es mag unseren Verlegern das Wasser bis zum Halse stehen, sie werden noch im letzten Atemzug vermelden: „Nichts ist wichtiger, denn Blei und Holz“!

Wie meldet Kress heute so schön:
„‚Die deutsche Zeitschriftenbranche ist vital. 2014 wird für sie ein Jahr konjunktureller Stabilität auf der Basis weiter zunehmender Relevanz, des Innovationsschubs durch Neugründungen, dem Ausbau der digitalen Präsenz und Rekord-Reichweiten.‘ So fasste VDZ-Hauptgeschäftsführer Stephan Scherzer am Montag auf der Jahrespressekonferenz die Perspektiven der Branche zusammen.“

Kein Wort vom Zeitschriftensterben, kein Mucks von der Hilflosigkeit, mit der noch immer die meisten Verlage vor dem Internet erstarren, wie das Kaninchen vor der Planierraupe.

Stattdessen Erfolgsmeldungen der verlagseigenen Marketingflüsterer: noch nie hätten so viele Menschen Zeitschriften gelesen. Die Zeitschriften seien die Mediengattung mit der höchsten Online-Reichweite, die thematische Relevanz und die journalistische Qualität versprächen eine rosige Zukunft.  „Die redaktionelle Qualität, der Nutzwert, die zielgruppenspezifische Relevanz und gerade auch die lebensbejahende und unterhaltende Seite der Zeitschriften sind Faktoren für den Erfolg der Magazine und die Wertschätzung durch ihre Leser“, erklärte Scherzer in Berlin. Ein Scherzkeks, wer Böses dabei denkt.

Belegt wird die Stärke des Zeitschriftenmarktes mit dem Wachstum der am Markt befindlichen lebensbejahenden Titel: Der Verband zählt 43 Prozent mehr Zeitschriftentitel als noch vor 15 Jahren. Als ob ein Wachstum der Belegbetten auf den Intensivstationen Rückschlüsse auf die steigende Gesundheit der Bevölkerung erlauben würde. Immerhin rechnet selbst Scherzer mit einem „leichten“ Rückgang der Vertriebs- und Anzeigenerlöse.

Rund ein Drittel ihres Umsatzes erwirtschaften laut Scherzer die deutschen Zeitschriftenverlage heute im Online-Geschäft. „Im Online-Geschäft wird ein deutliches Plus von 14,8 Prozent erwartet, beim sonstigen Geschäft (Konferenzen, Leadgenerierung, Datenbank-Services, Corporate Publishing, Bücher, DVD’s etc.) ein Plus von 6,1 Prozent.“ Gleichzeitig fordert der Verband die Ausdehnung des reduzierten Mehrwegsteuersatzes, der bislang nur für Printobjekte gilt, auch auf Online-Produkte. Die politische Diskussion läuft hierzu freilich gerade andersherum. Ich denke, wir können froh sein, wenn wir den reduzierten Mehrwertsteuersatz für weitaus enger zu definierende kulturelle Produkte gegen die fiskalischen Interessen der Bundesregierung und die marktregulatorischen Interessen der EU halten können. Und tatsächlich lässt sich über den kulturellen Wert und damit die Förderfähigkeit so mancher Regenbogen-Journaille trefflich streiten.

Schließlich wehrt sich die Branche gegen das Bundeskartellamt, das sich in den letzten Jahren nun wahrlich nicht als Monopolverhinderer betätigt hat. „Während in den USA ein Marktführer wie Facebook seinen größten Konkurrenten WhatsApp für 19 Milliarden Dollar kaufen könne – mit globalen Auswirkungen – werde in Deutschland kleinkariert auf einen Submarkt wie die Programmzeitschriften geschaut. ‚Die kartellrechtlichen Fesseln aus den 70er Jahren sind nicht mehr zeitgemäß und müssen dringend den Realitäten in einer globalen Medienwelt angepasst werden‘, so Scherzer.“ Faktisch will man der Regulierung im Zeitschriftenmarkt entkommen, um andererseits eine Regulierung des Suchmaschinenmarktes zu erzwingen: Google wirft man ja weiterhin wettbewerbswidriges Verhalten vor.  So gut scheint es unserer holzverarbeitenden Industrie dann doch nicht zu gehen, dass man selbstbewusst auf Google blicken könnte.

Manchmal frage ich mich wirklich, ob es um diese Branche schade ist …

3 Antworten

  1. Mehr ist weniger. Die Zeitschriftenverlehr teilen den schwindenden Makrt in immer kleinere Segmente. Die Kosten pro Zeitschrift steigen, der Ertrag sínkt. Das ist kein lebensfähiges Geschäftsmodell. Ade, Verleger!

    Aber wer braucht sie eigentlich noch? Schreiben wir doch lieber selbst!

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