Es ist immer ärgerlich, wenn man eine unbezahlte Rechnung ausbuchen muss. Und das kommt immer häufiger vor im Zeitalter von Online-Shopping und eCommerce, denn es gibt immer mehr unverschämte Zeitgenossen, die mit der Masche reiten: Bestellen, nicht bezahlen und hoffen, dass der Verkäufer nach der zweiten Mahnung aufgibt. „Die Zahlungsmoral der Internet-Kunden ist verheerend“, sagte mir neulich Alfons Winhart von der kleinen bayerischen Firma PNO Inkasso . Wir trafen uns im noblen Foyer des „Vier Jahreszeiten“ in München, und einen unpassenderen Ort, um über säumige Schuldner und die steigende Zahl von Privatinsolvenzen zu reden, kann ich mir kaum vorstellen. Na ja, wahrscheinlich sind die Maseratis und Bentleys, die vor der Tür parken, auch alle auf Pump gekauft. Aber um solche großen Brocken kümmert sich Winhart gar nicht. Sein Geschäftsprinzip lautet ganz klar: Auch Kleinvieh macht Mist.

Ich hatte mich mit ihm verabredet, weil er mir versprochen hatte, über das Thema „Inkasso per Internet“ zu reden, und sowas macht er tatsächlich. Alles, was sich beim Eintreiben von Schulden automatisieren lässt, macht er und senkt damit die Kosten so sehr, dass sich das Mahnverfahren sogar bei kleineren Beträgen lohnt. Seinen Hauptumsatz macht er angeblich mit Forderungen von zwischen 25 und 150 Euro – Beträge, die ein Händler in acht von zehn Fällen lieber ausbucht, als die Sache weiter zu verfolgen, wie er beobachtet haben will. „Wer will schon gutes Geld dem schlechten hinterher werfen“, fragt er völlig zu Recht. Aber dank Internet geht es heute sehr viel billiger, und vor allem schneller.

„Eine Forderung ist nur interessant, wenn sie noch jung ist“, glaubt er. Wer vergißt zu mahnen und dann nach einem halben Jahr einen Brief schreibt, der könne sich das Porto eigentlich sparen. Winharts Firma zieht das volle Register des technisch Machbaren, um Forderungen so schnell wie möglich an den Mann zu bringen. Gläubiger können auf seiner Website ihre Forderung in einem Online-Formular eintragen, hinter dem ein vollautomatisches Forderungsmanagement-System steckt. Für offene Rechungen, die bis 16 Uhr gemeldet werden, spuckt der Computer bereits am nächsten Tag den Mahnbescheid aus. Gleichzeitig startet, ebenfalls vollautomatisch, eine Bonitätsprüfung bei Schufa & Co. Um herauszufinden, ob bei dem Schuldner überhaupt noch etwas zu holen ist. Seine Systeme sind online mit den Mahngerichten und den Gerichtsvollziehern verbunden, Bescheide und Pfändungsverfügungen werden elektronisch angefordert und sind binnen Tage da – und nicht erst nach Wochen wie bisher. Sollte Der erste Versuch misslingen, behält der Computer den Delinquenten notfalls jahrelang im Auge, bis der sich vielleicht finanziell wieder berappelt und ein neuer Versuch, die Summe einzutreiben, vieleicht sinnvoll erscheint.

Für seine Dienste verlangt Winhart keinen Cent – es sei denn, die offene Rechnung wird bezahlt. „Erfolgsbeteiligung“, nennt er das. Seine Honorare richten sich nach den Gebührensätzen für Rechtsanwälte, und bezahlen tut sie der Schuldner. Früher heuerten Gläubiger einen Mann im Frack und Zylinder an, der den Säumigen auf Schritt und Tritt verfolgte, stumm und in dezentem Abstand, um damit moralischen Druck aufzubauen. „Das Internet ist besser als der Schwarze Mann“, behauptet Winhart, und lächelt unschuldig. Ich möchte es aber trotzdem lieber nicht mit ihm aufnehmen.

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