Lloydarsenal

es war ein ebenso großer, wie glücklicher zufall, dass ich während meines diesjährigen urlaubs an einem sonnigen mittwochnachmittag im wunderschönen antico caffè am piazza constituzione der sardischen hauptstadt cagliari saß, traf ich doch dort auf die überaus eindrucksvolle gestalt eines mannes in den gehobenen 70igern, die „la nuova sardegna“ unter einem, die „europeo“ unter dem anderen arm. ich kam mit ihm schnell über die qualität des dargebotenen marrocchino ins gespräch und es stellte sich alsbald heraus, dass es sich bei meinem gegenüber um keinen geringeren, als den unter den archivaren der welt hoch gelobten marcello umbria handelte, den ehemaligen leiter des museo del mare trieste, des ebenso wunderbaren, wie leider noch allzu unbekannten triestiner marinemuseums. vor jahren schon war ich bei einem besuch dieses ehrenwerten hauses auf die lange tradition der österreichischen seeschifffahrt aufmerksam geworden, auf maritime helden wie josef ludwig franz ressel, einem österreicher, dem die erfindung der schiffsschraube zu verdanken ist, und dem im erwähnten museum zu recht ein ganzer raum im obergeschoss des hauptgebäudes gewidmet ist. im laufe einiger gläschen vorzüglichen vernaccia di oristano kam mein freund, wie ich ihn heute nennen darf, marcello auf ein thema zu sprechen, bei dem ich im gedenken an unser schönes czyslansky-projekt spontan die ohren spitzte: die geschichte des österreichischen sklavenhandels.

dass österreich am transatlantischen sklavenhandel in nicht unerheblichem masse beteiligt war, war mir, wie ihnen vermutlich auch, bislang unbekannt. die österreichische marine, deren wichtigster hafen über viele jahrhunderte das kaiserlich-köngliche triest war, besass im 19. jahrhhundert mit dem österreichischen lloyd (lloyd austriaco) nicht nur die grösste schifffahrsgesellschaft des ganzen mittelmeerraums, sondern über diesen lloyd auch das potential, schiffe im transatlantischen sklavenhandel einzusetzen. zwar wurde der österreichische lloyd erst im jahre 1833 – übrigens nach dem vorbild des britischen lloyds – und damit 26 jahre nach der einstellung des sklavenhandels durch die engländer gegründet, doch hatte österreich die internationale konvention zur abschaffung des skalvenhandels bis dahin nicht unterzeichnet. über die gründe für die weigerung ist in der einschlägigen fachliteratur viel geschrieben worden. zumeist unterstellt man der österreichischen monarchie die üblichen ressentiments gegenüber london. eine solche politik aber mag für frankreich, dass sich gleichfalls weigerte, dem abkommen zur abschaffung der sklaverei beizutreten, wohl stimmen. unsere gut katholischen österreichischen nachbarn mag eher irritiert haben, dass die ganze englische kampagne zur vorgeblichen befreiung der sklaven ausgerechnet von bekennenden quäkern initiiert worden war. ein guter alpenländischer katholik konnte einem solchen unterfangen einfach nicht zustimmen.

und so wurde denn ausgerechnet im gründungsjahr des austrischen lloyds eines der bis dahin grössten schiffe, die je unter rotweissroter flagge fuhren, in einer werft in triest auf kiel gelegt: die arciduchessa sofia, ein schiff mit einer tonnage von immerhin 141 tonnen. konstruiert wurde das schiff, ein raddampfer, eigentlich für den kombinierten personen- und frachtverkehr im östlichen mittelmeer. doch nach bislang unveröffentlichten unterlagen wurde die arciduchessa sofia, unter österrichischer flagge fahrend, nach 1848 insgesamt fünf mal an englische geschäftsleute verchartert, die insgeheim den transatlantischen sklavenhandel fortsetzten. dabei fuhr das schiff nicht nur unter österreichische flagge, sondern auch – unter wechselnder besatzung zumeist erfahrener polnischer seefahrer; der erste offizier war bei drei fahrten ein schweizer! – immer unter einem österreichischen kapitän. und dieser kapitän trug den namen ludovico czyslansky! mit der italienisierung seines vornamens wollte er sicherlich seiner familie einen gefallen tun, die in triest in der via san nicolo 25, einer zentral gelegenen und dem meer abgewandten gutbürgerlichen gegend, ein großes stadthaus bewohnte.

in jenen jahren nach der unvollkommenen bürgerlichen revolution in europa beherrschte sultan seyyid said von oman große teile afrikas nördlich des kap delgado bis hin nach ägypten. sein reichtum stammte zu einem erheblichen teil aus seinen riesigen gewürznelkenplantagen auf der insel sansibar. diese plantagen wurden von sklaven bearbeitet, die der sultan aus dem afrikanischen kernland, vor allen dingen aus dem heutigen kongo und kenia bezog. besonders begehrt waren dabei sklaven vom stamm der luos. um seine kasse aufzufüllen verfiel der sultan auf die idee „überschüssige“ sklaven an internationale menschenhändler zu verkaufen, die diese armen kreaturen schließlich nach brasilien exportierten. in brasilien war schliesslich die sklaverei noch bis ins jahr 1888 völlig legal. und so war unser ludovico czyslansky, gebürtiger österreicher, wohnhaft im idyllischen österreichichen triest, einer der letzten international tätigen sklavenschiffkapitäne. die genauen verwandtschaftlichen beziehungen zwischen ludovico und unserem czyslansky liegen zwar noch im dunkeln. klar aber dürfte sein, warum barak obama bei seiner ersten europavisite als präsidentschaftskandidat der demokraten zwar berlin, paris und london besuchte, aber wien links liegen lies: sein vater ist ein luo!

2 Antworten

  1. auf wienerisch : na des is a gschichtl na servas
    bin küstenpatent besitzer
    vielen dank und herzliche grüsse ing peter michel
    marchfeld

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