Wach auf Du verotteter Christ, mach Dich an Dein sündiges Leben.

Es gibt mindestens 10 gute Gründe, die mich von irgendwelchen Aktivitäten in Vereinen abhalten. Nehmen wir nur die Weihnachtsfeier:
Schon wochenlang kann man schlechte Laune schieben, weil man todsicher auf dieser Feier wieder in der Nähe der Leute sitzen wird, die man das ganze Jahr nicht mit dem Hintern anschauen würde. Vice versa übrigens, Ihr mich auch!
Man ergeht sich in falscher oder aufgesetzter Freundlichkeit und steht den Abend im Vereinsheim oder dem Gastkof zur Linde mit mehr oder weniger Anstand durch. Wer Pech hat, wird genötigt, den Abend über rote, bommelmützige Kopfbedeckungen zu tragen. Das drückt die Frisur, hebt aber die Stimmung. Zumindest theoretisch…
Hinter den Kulissen wird über Trainer oder Chorleiter geschimpft, aber Auge in Auge ist man „best friend ever“. Und spätestens wenn der Vorstand ankündigt, nun zum gemütlichen Teil überzugehen, wird es Zeit, das Weite zu suchen.
Was hat man bis dahin nicht alles ausgehalten: Ein Menue aus Tiefkühlschnitzel mit Glutamat-Sauce und einem Krautsalat aus der Dose. Zur Verdauung erst mal ein Schnäpschen.
Die Jugendmannschaft ertränkt ihre Langeweile in Alkohol, wer könnte es ihnen verdenken? Mit dem Alkoholpegel steigt deren Unverblümtheit und Lautstärke. Das befeuert nun nicht gerade die Laune der Senioren im Verein.
Derweil rechnet der Kassenwart schon mal übellaunig durch, wann das Budget aufgebraucht ist und alle Gäste zu Selbstzahlern werden. Die Ramazottis der Damen schlagen eben doch erheblich zu Buche. Aber warum sollten die sich zurückhalten? Das tun sie doch sonst auch nicht. Schnell einen zweiten Schnaps, bevor das Budget durch ist…

Zeig, was für ein Schurke du bist, der Herr wird es Dir dann schon geben.

Und dann kommt das Unvermeidliche: Der Schwager des Vorsitzenden – kein Vereinsmitglied, sonst würde das nicht funktionieren – stapft im Nikolauskostüm in die Feier. Gefühlte zwei Stunden plaudert er aus dem Nähkästchen und erzählt, was niemand hören will. Man hat den Eindruck, der rotgewandete Typ sei das ganze Jahr als Stalker unterwegs gewesen.
Der Vorstand hat ungefähr 47 Einträge im goldenen Buch und einen im schwarzen, letzterer dient als Alibi und beschränkt sich darauf, dass vielleicht die Grußkarte an den Landesverband zwei Tage zu früh abgeschickt wurde. Alles wird artig und wohltrunken beklatscht und bekichert. Die Stimmung steht kurz vor dem Siedepunkt. Angefeuert durch den Krampus oder den Knecht Rupprecht, der mit der Rute wedelt und zotig selbige den Vereinsdamen entgegenreckt(und damit sind nur ein paar zusammengebundende Weidenzweige gemeint), wird’s absichtlich schlüpfrig. Darauf erst mal ein weiteres Schnäpschen – Pflaume, was sonst?
Jetzt werden alle sonstigen Aktiven nach vorne gebeten und einzeln vorgeführt. Über jeden weiß der rührige Laiendarsteller etwas zu berichten. Ganz nach Maßgabe der Indiskretion der Übungs- oder Gruppenleiter. Die Kleinsten nötigt man, ein quietschiges „Stille Nacht“ ihrer Blockflöte zu entlocken oder ein Verserl aufzusagen. Milde kennt niemand und entlässt die Kinder zurück in die Anonymität der Masse. Und niemand traut sich, die Ohren zuzuhalten angesichts der quer sitzenden Töne, alles klatscht begeistert. Ich nicht, ich halte mein Bierglas fest.
Irgendwer stolpert durch „Draußen vom Walde komm ich her“. Es läuft nicht glatt. Macht aber nichts, den niemand sonst im Saal könnte es besser machen. Man prostet sich zu. Halbzeit.
Als nächstes wird die mittlerweile wankende Jugend einzeln nach vorn gebeten. Spätestens hier sollte man, wenn man gerufen wird, ein Springmesser dabei haben und dem Spuk ein Ende machen. Mildernde Umstände, wenn nicht gar Notwehr kann man allemal geltend machen.
Hat man die hochnotpeinliche Gegenüberstellung mit dem (niko)lausigem Kleindarsteller überstanden, darf man noch einmal in den Sack greifen und ein Geschenk herausziehen. Das geht natürlich nicht ohne eine weitere vorherige Anzüglichkeit. Man möge, so der Mann im Mantel, dem Herrn mal ordentlich an den Sack langen, er würde dann auch die Rute schwingen. Ho ho ho…
Das Ganze geht gefühlte 30mal so. Schnell einen Pflaumenschnaps, ich halt es sonst nicht aus.

Da preist man uns das Leben großer Geister

Der Deliquent steht mit einer Kleinigkeit vor dem Mann in Rot, bevor er sich mit einer Gabe auf seinen Platz trollen darf. Er hat gewichtelt, der Arme. Aber da müssen alle durch. Natürlich hat jeder vorher eine Kleinigkeit eingepackt und mitgebracht, der Festausschuss hat ja oft genug daran erinnert.
Wichteln hat etwas kolossal Ehrliches. Denn es gibt wenig, womit man deutlicher sagen kann, wie sehr einem das gesellige Vereinsleben am A… vorbei geht.
Natürlich kann man auch gleich sagen: Ich hasse Euch. Man kann aber auch Überflüssigkeiten, die man selbst mal geschenkt bekommen hat, entsorgen und so seiner Geringschätzigkeit Ausdruck verleihen: Diddl-Maus-Bürotassen, selbstgestrickte Socken, Lippenstift in der falschen Farbe, ein Uli-Stein-Buch, Stofftaschentücher, eine Harry-Potter-DVD, Schuhbecks Südtiroler Nudelwürze, Badekugeln, Kerzen… Die Liste der unnützen Dinge ist ellenlang. Und sie alle lassen sich so wunderbar in einem Wichtelsack versenken.
Noch schöner ist es, wenn man vorher den Namen des zu Beschenkenden gezogen hat, der aber nicht weiß, von wem er ein Stück Seife, Lavendelschokolade, ein Steckspiel oder ein rotnasiges Rentier aus Plastik bekommen hat. Bahn frei für Gehässigkeiten. Warum nicht mal dem verschwitzten Jugendwart ein Deo schenken, dem Kassierer ein Furzkissen oder der Gattin des Vorstands einen Handspiegel?
Und was man selbst geschenkt bekommen hat, kann man ja nächste Woche bei der Betriebsweihnachtsfeier gleich weiter verwichteln. πάντα ῥεῖ… Alles fließt.

In diesem Sinne: Ihnen allen ein frohes Weihnachtsfest. Sie haben das Gröbste ja bereits überstanden.
Prost, wir sehen uns beim Sommerfest.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.